Zwei kleine Schulgeschichten

Adelinde Barilich

von Adelinde Barilich

Story

1. Die EnttÀuschung

8. Klasse – die Frau Professor bringt die korrigierten Deutschschularbeitenhefte. Vor der RĂŒckgabe der Hefte durften meist zwei SchĂŒlerinnen ihre AufsĂ€tze, welche sie gut fand, vorlesen. Auch ich durfte schon öfters vorlesen. Diesmal wurde ich als erste gerufen, freute mich natĂŒrlich und begann mein “Werk” vorzulesen. Nach dem ersten Satz rief die Frau Professor „Stopp“. Dieser erste Satz war im Schularbeitenheft mit dem breiten Korrekturrand eineinhalb Seiten lang, ziemlich verschachtelt, und sie sagte: „Und jetzt bitte eine Satzanalyse!” Der Grammatikunterricht der Unterstufe lag ziemlich lang zurĂŒck, und ich muss bekennen, dass meine Satzanalyse sicher kein Glanzleistung war. Ich kann mich auch nicht mehr erinnern, ob ich meinen Aufsatz nach der Analyse noch gelesen habe oder gleich in die Bank zurĂŒckging. Jedenfalls hĂŒtete ich mich seither, EndlossĂ€tze zu konstruieren.

2. Die Überraschung

8. Klasse: Ich hatte eine NierenbeckenentzĂŒndung mit Fieber und versĂ€umte fast drei Wochen Unterricht. Da wir damals (1953) keine SchulbĂŒcher hatten, musste man wĂ€hrend des Vortragens mitschreiben. Das bedeutete, dass ich in Physik, Biologie, Chemie, Philosophie, Geschichte, etc. nachschreiben und in Mathe und Latein nachlernen musste, was nicht so leicht zu bewĂ€ltigen war. Trotz der Schonfrist von 3 Wochen habe ich nicht alles geschafft, so in Geschichte.

Die Frau Professor in Geschichte war eine Ă€ltere, sehr strenge, respekteinflĂ¶ĂŸende Lehrerin und trug Geschichte besonders ausfĂŒhrlich und mit vielen Jahrzahlen vor. So war es auch kein Wunder, dass es immer mehr NachprĂŒfungen in Geschichte als in Latein und Mathematik gab, außerdem ĂŒbernahm sie jede Supplierstunde, wenn ein Lehrer krank war, und so hatten wir öfters 4 Gechichtestunden in der Woche. Sehr gut und Gut gab es selten. Ich hatte eine 3, was in diesem Fach schon recht befriedigend war. Ich hatte die vielen Seiten in Geschichte noch nicht nachgeschrieben und riskierte nun eine 5, was im Halbjahrszeugnis eine 4 ergab, die ich mir dann noch ausbessern konnte, daher war ich ganz ruhig.

Ich war die Dritte, die geprĂŒft wurde und las, wĂ€hrend die anderen zwei dran waren, interessehalber das durch, was sie vorgetragen hatte, als ich fehlte. Nun kam ich dran, und sie fragte genau das, was ich eben gelesen hatte und konnte die Frage fehlerlos beantworten. Die zweite Frage ging um Baustile, Baumeister und Kunst. Das hat mich sehr interessiert, dazu gab es Bilder und ich hatte das noch sehr gut in Erinnerung. Wiederum beantwortete ich die Frage fehlerlos. Nun eine Wiederholungsfrage aus der 6. Klasse: Friedensbestimmungen nach dem 30jĂ€hrigen Krieg. Das hatte ich damals sehr gut gelernt und war mir auch noch erinnerlich. Und die Frau Professor sagte: “Diesmal ein Sehr gut! ”

Facit: Kann man nur 20% des Stoffes und wird diese gefragt, kann es eine 1 ergeben, kann man auch nur 20% nicht, dann kann es eine 5 sein! GlĂŒck und Pech – c’est la vie!

© Adelinde Barilich 2022-09-22

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