Zwischen Realität und Traum

Marlene Roßmann

von Marlene Roßmann

Story

Rosa Rosen, weißer, glitzernder Schnee, vertrocknete Bäume. Der Himmel hing grau und schwer wie ein Vorhang über allem. Auf dem Schnee die Spuren eines einsamen Rehs. Vielleicht war es ein Kitz, welches verzweifelt auf Suche nach seiner Mutter war. Ein kleines Eichhörnchen hüpfte von Ast zu Ast. Unheimliche Ruhe und Frieden herrschte für diesen einen kurzen Moment. Ruhig hob sich sein Bauch in der Atmung und dann … wurde der Bildschirm dunkler. Sofort wurde er wieder in die Gegenwart katapultiert. Unter dem Laptop lagen Heft und Schulbuch. Er blinzelte, die der Aufsatz, den er noch für den Unterricht schreiben soll, brüllte schon fast vor Verzweiflung. Er wollte endlich geschrieben werden, aber ohne Ideen echt schwierig. Er raufte sich durch die Haare. Allein die Entscheidung welches Thema war schwierig… Mit dem Lehrer danach politisch diskutieren, geschichtlich eintauchen oder doch von der Internetseite mit den Lösungen inspirieren lassen? Er atmete tief durch. Gerade wollte er die nötige Seite öffnen, als ihm etwas auffiel. Ganz leise Geräusche kamen aus dem Lautsprecher des Laptops. Wie aufeinander-klirrende Schwerter. Kalt und voller Hass. Er lehnte sein Ohr näher an. Nur warme Luft ließ ihm in die Armbeuge. Die Geräusche wurden lauter. Nicht nur Schwerter, sondern auch Kampfschreie waren zu hören. „Hab ich versehentlich ein Video gestartet?“, fragte er sich und suchte den Ausschaltknopf. Gebannt sah er auf den Bildschirm. Erst wurde er nur verschwommen, dann traten von links und rechts kämpfende Personen ein. Der Schnee färbte sich an einigen Stellen dunkelrot. Seine Sicht verschwamm kurz. Es wirkte so real, so echt. Als könne er die Hand einfach ausstrecken und würde mittendrin sein. Immer noch gebannt starrte er auf den Bildschirm. Menschen kämpften. Schwer zu sagen, ob es Männer oder Frauen waren. Sein Herz klopfte wie verrückt. Warum er nervös war, wusste er selber nicht. Die wartende Hausaufgabe war nun noch uninteressanter als davor, falls das überhaupt möglich ist. Er holte den Laptop noch ein Stückchen weiter zu sich. Einer der Soldaten schnitt einem anderen in die Wange. Das Blut rannte über das Kinn und tropfte dann in den Schnee. Er hatte schon immer eine wahnsinnige Faszination für Schwertkämpfe gehabt. Seine Gedanken rannten Marathon. Die Vorstellung alleine da dabei zu sein schoss wahnsinniges Adrenalin aus. Das Blut rauschte in seinen Ohren. Sein Blick verschwamm, nur der Laptopbildschirm blieb scharf. Gebannt streckte er die Hand näher an den Bildschirm. „Bist du Irre?“ dachte er mit dem Wissen, dass das nicht funktionieren kann. Trotzdem war die Faszination zu groß. Warm lag das Glas des Bildschirms unter seinen Fingern. Was hatte er anderes erwartet? Dass er einfach so durchgreifen konnte? Er schüttelte den Kopf über sich selbst. Er zog die Hand wieder weg. Sein Herz klopfte noch immer. Irgendwie hatte sich das Glas des Bildschirmes geändert. Es wirkte so fein, so fragil. Wie eine Seifenblase. Er wusste selbst nicht so genau, was er erwartete, oder an was er denken soll, aber nochmal streckte er die Hand aus. Seine Finger berührten das warme Glas. Mit seinen Gedanken ganz woanders gab er ein bisschen Druck auf die Stelle. Seine Augen weiteten sich, als das Glas nachgab und er seine Hand nicht mehr sah. „Was?“ dachte er. Plötzlich griff jemand seine Hand und zog daran. Ihm wurde schwindelig. Er schloss die Augen. Es wurde kalt um ihn.

© Marlene Roßmann 2024-03-24

Genres
Science Fiction & Fantasy
Stimmung
Abenteuerlich