von Helga Weiss
Januar 2000
Weil die Kerzen auf dem Fensterbrett jetzt fast ganz runtergebrannt sind und ich hier nicht im Dunkeln sitzen will, ziehe ich den Stöpsel und lasse das Wasser aus der Badewanne laufen. Der Schaum liegt in weißen Hügeln auf meinem Bauch und ich höre zu, wie er knisternd schmilzt.
Um viertel vor eins fange ich an zu packen. Das dauert bis halb vier. Ich lege mir dann oben im Schlafzimmer, zur stundenlangen Reißverschluss-Perkussion meiner Fila Downjacke im Trockner unten im Bad, die Jim Chapell Weichspüler Klavierkassette mit Endlosschlaufe ein und entspanne bis vier Uhr fünfzehn, dusche kurz kalt, um fit zu werden, mache Earl Grey Tee, wiege mich … trotz schlafloser Nacht nichts abgenommen … versuche also, die üblichen Morgenrituale im Schnelldurchlauf in den Countdown zu pressen. Meine Sonnenanbetungs-Übungen sind erst am Schluss dran, falls Zeit bleibt … bleibt aber nicht.
Der Airport Hopper klingelt pünktlich um 4:45, als ich gerade beim Frittata einfrieren bin. Yoghurt, Quark, Käse und Butter lasse ich für meine Nachbarin, die dann zweimal in der Woche meine Blumen gießt, im Kühlschrank. Kompost leeren und gelben Sack auf die Straße bringen schaff’ ich nicht mehr. Die roten Glaskugeln im Wintergarten weihnachten mir dann wohl noch Mitte Februar entgegen, wenn ich aus Kalifornien zurückkomme.
Den zweiten Tee in der Suppentasse mit abgesprungenem Porzellanrand muss ich im Airport Hopper trinken. Die Filajacke hat zwar jetzt leuchtend weiße Streifen auf tiefschwarzen Ärmeln, aber dafür stinkt sie nach nassem Kamel. Ich nehme mal an, das ist noch intensiver als nasser Hund. Da hilft nur eine extra Ladung Amber hinter meine Ohren. Auf dem Rücksitz also Wüstenexotik, vorne NDR 1 Schnulzen und Verkehrsmeldungen.
Kann diesmal ja leider nicht wie sonst mit KLM fliegen. Die waren ausgebucht. Checke also gleich bei British Airways das Gepäck ein und treffe mich dann noch um halb sieben mit einer alten Bekannten, die bei Eurowings in Hannover arbeitet. Ein paar Jahre nicht gesehen und dann so viel wie möglich in ein paar Minuten im Laufschritt von Halle A nach Halle B packen. Ja, mit Gunther und mir das wird nichts mehr. Die da neben ihm im Flugzeug saß, als er mich bei einem meiner verlängerten Deutschlandaufenthalte besuchen wollte, hatte ihm gleich Postkarten geschrieben, war zu ihm nach Kalifornien gekommen und aus einer kurzen Affäre ist dann eine Dauerbeziehung geworden. Jedenfalls leben sie jetzt dort in meinem Haus zusammen. Und ja, Karuna und Mira waren erst bei mir, aber dann konnte Niedersachsen nicht mit Kalifornien mithalten. Jetzt pendeln wir so oft es geht.
© Helga Weiss 2024-03-11