10. Film

Alper Atay

by Alper Atay

Story

Ayla konnte ihre Neugier kaum zĂĽgeln. Ihr Blick suchte Atillas Augen, doch er verriet nichts. „Atilla, bitte“, drängte sie mit leiser, aber eindringlicher Stimme. „Was hat das Haus zu bedeuten? Ist es… unser Haus? Oder steckt etwas anderes dahinter?“

Atilla lächelte sanft, nahm ihre Hände in seine und zog sie ein Stück näher zu sich. „Ayla, manchmal können Worte nicht ausdrücken, was Bilder erzählen können. Der nächste Film wird dir mehr erklären, als ich es je könnte.“

Verwirrt und zugleich voller Erwartung lieĂź sie sich von ihm in den nächsten Saal fĂĽhren. Saal 10 strahlte eine besondere Atmosphäre aus, fast so, als ob er den Höhepunkt des Abends einläuten wĂĽrde. Sie setzten sich in die Mitte, und bevor Ayla noch eine weitere Frage stellen konnte, erlosch das Licht und der Titel des Films erschien auf der Leinwand: „Zwei Geschichten – eine Liebe.“

Der Film begann mit einer alten Schwarz-Weiß-Aufnahme. Es war die Hochzeit von Aylas Eltern. Ihre Mutter stand in einem eleganten, handgenähten Kleid, das im Licht schimmerte, während ihr Vater sie voller Stolz und Liebe ansah. Die Szene zeigte ihre Tanzschritte, die vom Rhythmus eines traditionellen türkischen Liedes getragen wurden. Ayla sah gebannt zu, wie ihre Eltern so lebendig wirkten, als ob sie direkt vor ihr stehen würden.

„Das war die Musik, die sie immer zu Hause gespielt haben“, flüsterte Ayla, ihre Stimme brach leicht vor Rührung.

Die Bilder wechselten und nun war es Atillas Elternhochzeit. Diese war bunter, lebhafter, mit einer großen Menge an Gästen. Seine Mutter, Rüya, lachte herzlich, während sie mit Atillas Vater den traditionellen Hochzeitstanz ausführte. Der Film verband die beiden Hochzeiten geschickt. Szenen von Rüya, die lachend eine Rede aussprach, gingen über in Aufnahmen von Aylas Mutter, die mit ihrer Familie feierte. Die Parallelen zwischen den beiden Feiern wurden immer deutlicher: die Liebe, die Freude, und die Hoffnung, die in den Augen der Paare lag. Am Ende zeigte der Film beide Hochzeiten nebeneinander – zwei verschiedene Geschichten, aber doch so ähnlich in ihrem Kern. Die Kamera zoomte auf die Hände der Brautpaare, die sich festhielten, als ob sie ein Versprechen für die Ewigkeit teilten.

Als der Film endete, blieb Ayla still sitzen. Sie war tief bewegt von den Bildern. „Atilla“, begann sie langsam, während sie ihn ansah, „warum hast du diesen Film gezeigt? Was willst du mir sagen?“ Atilla lächelte geheimnisvoll und half ihr auf die Füße. „Das erfährst du gleich. Der letzte Film wartet schon auf uns.“

“Der letzte, aber es sind doch zehn Filme, sagtest du?“, fragte Ayla ĂĽberrascht. „Ja“, sagte Atilla mit einem warmen Lächeln, „aber der letzte wird alles zusammenfĂĽgen.“

© Alper Atay 2025-01-22

Genres
Novels & Stories