by Jakob Hysek
Nach einem letzten Tag unter gesetzten Segeln setzte uns unser Kapitän in Genua ab und brachte uns noch bis zum Bahnhof. Heinz Rudolf verhandelte gerissen wie ein Fuchs mit einem leicht übergewichtigen und aufgrund der sommerlichen Temperaturen völlig verschwitzten ÖBB Schaffner namens Hugo.
Hugo hatte keine Chance gegen einen alten Unternehmer, der mit allen Wassern der Weltmeere gewaschen war. Vor allem hatte er überhaupt keine Ahnung, welche Vorteilscardtarife für ein Edelschwein Ferkel und einen Welpen wie Fadi galten. Nach kurzem Hin und Her gab Hugo klein bei, öffnete seine Umhängetasche und winkte Fadi und mich hinein. Einmal mussten wir noch heraus, um Heinz Rudolf seine letzte Umarmung zu geben, dann meinte Hugo, müsse er nun wirklich weiter.
So ein Nightjet ist ganz schön aufregend, er ist erstens dunkelblau und zweitens sieht er innen ganz anders aus als andere Züge, lieber Theo. Anstatt vieler Sessel gibt es Abteile mit Stockbetten, in denen man übereinander schlafen kann. Wir durften mit Schaffner Hugo die Fahrkarten kontrollieren. Anstatt des normalen Abstempelns drückte ich meinen Rüssel und Fadi seine Pfote in ein Stempelkissen und hinterließen meinen Rüssel- und Fadis Pfotenabdruck auf einigen Fahrscheinen. Hugo meinte zwar, das gilt nicht, aber Fadi und ich fanden es herrlich lustig.
Außerdem lernten wir die unterschiedlichsten Menschen kennen, die so einen Nachtzug nutzen. Von Bobo Wienern, die zwar mit dem Zug in den Urlaub fahren, dann aber am liebsten Avocados und Flugmangos frühstücken über lustige Interrailgruppen. Am süßesten fanden wir das Abteil mit zwei Pensionisten Ehepaaren. Die fuhren schon vor Jahrzehnten mit ihren damals noch kleinen Kindern gemeinsam auf Urlaub und sind immer noch so gut befreundet, dass sie die Tradition der Sommerurlaube mit nächtelangem Kartenspielen weiter fortsetzen.
Dann zeigte uns Hugo endlich unser Abteil, wir mussten es zwar mit Hugo teilen, der war aber die ganze Nacht im Zug unterwegs, so hatten wir ein Stockbett nur für uns und konnten, bis uns die Augen zufielen, über unsere Abenteuer plaudern.
Am nächsten Tag weckte uns Hugos Trillerpfeiffe auf. Er hatte zwei Kornspitz für uns dabei und sang für uns beide: “Nächster Halt: Wels Hauptbahnhof! Willkommen zuhause, liebes Ferkel und lieber Fadi!”
Ich war so überrascht und aufgeregt, dass ich meinen Kornspitz fast durch meinen Rüssel eingesaugt hätte. Fadi und ich dankten Hugo, rannten aus dem Abteil den Gang entlang und über den Bahnsteig raus Richtung Wels. Ich hielt meinen Rüssel in den Wind und wusste sofort, in welche Richtung Oma und Opas Hof lag. Fadi und ich galoppierten los, kürzten über Wald, Wiesen und Felder ab und konnten die letzte Strecke bei einem von Opas Nachbarn auf dem Heuanhänger mitfahren.
Unsere Abenteuer waren toll, aber ich bin glücklich und froh, jetzt endlich wieder bei dir zu sein, lieber Theo!
© Jakob Hysek 2025-07-06