13 Monate

Jana Puschmann

by Jana Puschmann

Story

Ach Mama, muss das jetzt wirklich sein? Ich habe gerade keine Lust. Immer dieses Stillliegen und an die weiße Decke schauen. Auch die Spieluhr-Eule finde ich echt langweilig. Und ja, es ist lustig, wenn du an meinen Füßen riechst und so tust, als würden sie nach Käse stinken, aber ich habe so viele Dinge zu erledigen. Deswegen heb’ mich doch bitte wieder runter. Maaaama! Jetzt! Wieso hörst du nicht? Muss ich es dir noch genauer erklären? Ich wollte noch zu meiner Murmelbahn und vorher noch beim Fernlenk-Droiden BB8 vorbei – der macht so witzige Geräusche – und dann muss ich auch noch in dem neuen Buch blättern, das Papa mitgebracht hat. Ach, und nicht zu vergessen, mein Traktor mit Anhänger und Kuh – die muss doch noch auf die Weide gebracht werden. Und wenn du mir immer noch nicht glaubst, dann lass’ dir gesagt sein: ich war heute noch gar nicht am Kühlschrank. Erklärst du mir nochmal, was alles in der Kühlschrank-Tür steht?

Mama! Du hörst ja immer noch nicht. Stattdessen ziehst du meine Socken und meine Hose aus. Oh, Mama! Ich hab so eine Ahnung, dass das hier länger dauert. Aber weißt du, es stört mich gar nicht, dass meine Windel voll ist. Ich kann auch mit voller Windel spielen und krabbeln und laufen. Ehrlich! Jetzt knöpfst du meinen Body auf und öffnest die Pampers. Mama, ich hasse Wickeln! Und da du das anscheinend nicht weißt, werde ich jetzt nicht mehr stillliegen. Nein, ich winde mich aus deinen Händen, drehe mich blitzschnell auf den Bauch, setze mich hin, versuche aufzustehen. Bloß runter hier! Aber du packst mich und sagst: „Wir müssen jetzt wickeln.“ Nein, Mama! Müssen wir nicht. Wirklich nicht. Ich habe viel Besseres zu tun. Mir fällt gerade ein: die Rennautos sind noch nicht getankt und dein Bücherregal noch nicht ausgeräumt. Ich will jetzt nicht wickeln. Ich werde mich wieder umdrehen. Ich werde zappeln und strampeln.

Mit dir kann man schlecht diskutieren. Du hältst mich am Bauch und an den Beinen fest, sodass ich mich nicht wieder drehen kann. Das mag ich gar nicht. Ich fange an zu schreien. Vielleicht hilft es, wenn ich ein bisschen weine. Mama, wenn ich weine, hörst du dann auf, mich zu wickeln, und lässt mich wieder frei?

Die Tränen laufen schon. Das Geschrei stelle ich auf „laut“. Aber kein Erbarmen von dir. Du wickelst mich trotzdem. Jetzt bin ich nicht mehr nur bockig, sondern auch sauer. Ich will jetzt nicht! Nein! Mama, hör auf! Das ist blöd. Wickeln ist so doof. Mama, ich will dich ja gar nicht anschreien, aber du hörst ja nicht.

Mama, meine Tränen waren Tränen des Widerwillens.

© Jana Puschmann 2023-01-09