by Eva Hradil
Da musste ich so jung werden, dass ich das erste Mal im Leben eine Startnummer am T-Shirt montierte. War ich an der Straßenbahn-Haltestelle noch die Einzige in Sportkleidung, änderte sich das am Schottertor: Dort kam es bereits zu sichtbaren Anhäufungen von Frauen im Lauf-Outfit, viele davon im offiziellen T-Shirt der Veranstaltung. Da musste ich so jung werden, um das erste Mal beim Frauenlauf mitmachen zu wollen! Bzw. ich erlaubte mir „auch nur einen Kilometer zu laufen und den Rest zu gehen, wenn es sein muss“. Es ist schon etliche Jahre her, dass ich überhaupt (und noch dazu regelmäßig) joggte.
 Warum hatte ich mich angemeldet? Zwei Dinge spielten dabei zusammen: Erstens kam ein Kuvert mit Aufdruck vom Frauenlauf in meinem Wiener Postkasten an. Erst in der Wohnung entdeckte ich, dass zwar Haus- und Türnummer richtig waren, nicht aber die Stiege und der Empfängerinnenname. Das Kuvert gehörte zur gespiegelten Wohnung auf der Stiege 3, in deren Postkasten ich es später steckte. Die kurze Idee aber, Empfängerin dieses Poststückes zu sein, wirkte anscheinend wie ein Samen.
 Und ich hatte dieses FrĂĽhjahr Vorsorgeuntersuchungen ĂĽber mich ergehen lassen: einige Richtwerte, nach welchen sich meine eigenen Werte nicht durchgehend richten wollten, brachten mich zur wahnwitzigen Idee wieder regelmäßig Sport zu machen. Zusätzlich zu den Sportarten “tanzen” und “Gras mähen”. Und meine Ăśberlegung war, wenn ich mich zu diesem Lauf anmelde, dass ich dadurch in den zwei Monaten davor das regelmäßige Laufen wieder in mein Leben integriere.
 Denkste! Das hat tatsächlich einfach nicht funktioniert. “Wenn nicht davor regelmäßig, vielleicht danach? Ich ziehe das jetzt durch. Es tut gut, hin und wieder seine Komfortzone zu verlassen…”
 Obwohl es über 26.000 Teilnehmerinnen waren und ich so große Ansammlung normalerweise weglaufend meide, war die Stimmung absolut gut, vorfreudig gespannt und gleichzeitig gelöst, ja: lächelnd. Alles lief zuvorkommend und fair. (Das einzige, das ein wenig unangenehm war, waren die ganz jungen Mädchen, die beim Überholen noch kein Gefühl für den richtigen Abstand haben und einem unbedarft direkt vor die Füße schneiden, wie dies Fahrer von getunten Audis am Gürtel absichtlich tun: Quasi wie Echtzeit-Computerspiele) Tatsächlich bin ich die fünf Kilometer dann durchgelaufen. Daran waren 26.000 Endorphin-Pakete, in deren Einfluss ich mich bewegte, absolut sicher mitbeteiligt. Und anfeuernde Musik, Trommler, mitfiebernde Menschen am Wegesrand. Ich selbst überholte auch Läuferinnen (inkl. Schulterblick) und ich hatte streckenweise richtig Freude am Laufen.
 Die Startnummer liegt nach wie vor in Sichtweite: weil mir der Anblick Freude bereitet. Ein durch und durch guter Event. Meinem T-Shirt-Aufdruck (man kann sich das Shirt durch bis zu 15 Buchstaben personalisieren lassen) wurde ich absolut gerecht und er brachte mir einige lustige Feedbacks und „Das mache ich im nächsten Jahr auch“-Aussagen. Ich habe die Ziele erreicht, das eigentliche und das vom T-Shirt: „Red-Face-Eva“.
© Eva Hradil 2024-06-03