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Lukas Stock

by Lukas Stock

Story

Die Möglichkeiten die mir die frühe Ehe gab und der Punkt an dem wir uns jetzt, von außen betrachtet, befanden war eigentlich das, was ich mir als kleines Mädchen immer gewünscht hatte. Umso mehr ärgerte es mich, dass ich mich seit einiger Zeit so neben mir fand. Immer wieder sagte ich mir, dass ich doch dankbar sein müsste für das, für dessen Erlangung ich früher alles gegeben hätte. In solchen Momenten kämpfte ich mit mir, war erfüllt von widersprechenden Gefühlen und wusste nicht so recht was mit mir anzufangen war. Michael war dabei keine große Hilfe. Manchmal dachte ich, dass vielleicht jeder einmal in solch eine Phase kommen könnte. Das mochte sogar durchaus sein, doch gab es sicherlich auch engagiertere Männer. Um Michael gerecht zu werden sei an dieser Stelle gesagt, dass er dem früher sicherlich gerecht geworden wäre. Ich erinnerte mich zu dieser Zeit oft mit Sehnsucht an die Anfangszeit unserer Beziehung, eine Zeit die sich für mich noch heute wie die Definition von Unbeschwertheit, von Leichtigkeit und Liebe anfühlte. Vielleicht war es auch meine Sehnsucht nach dieser, heute schon fast wie die Ausgeburt eines fernen Traumes wirkende Zeit, die mich so melancholisch werden ließ. Wo war diese Zeit hin? Weder damals noch heute habe ich eine Antwort auf diese Frage gehabt. „Louise“, sagte er bestimmt, nachdem Stanley das Haus verlassen hatte. „Ja bitte?“, sagte ich mit gestellt freundlicher Stimme. „Ich habe für heute Abend wieder die Schicht von Barkley übernommen. Ich werde also erst in den frühen Morgenstunden daheim sein.“ Obwohl ich die Zeit für mich eigentlich genießen sollte wurde ich dadurch innerlich wütend. Es war das eine nicht auf meine Belange und Gefühle einzugehen, aber zumindest den Anschein könnte man wahren. „Du verbringst in letzter Zeit viel Zeit bei der Arbeit“, bemerkte ich schnippisch. „Arbeitet Barkley eigentlich noch bei euch? Du solltest ein doppeltes Gehalt bekommen. Das letzte Mal, als ich deinen Gehaltsscheck gesehen habe, stand nur dein Gehalt drauf.“ Ich blickte ihn an. Wie lange war es her, dass ich dieses Blitzen in seinen grünen Augen gesehen hatte, das mich früher so in seinen Bann zog? Sein Lächeln, mit dem er mich damals gewonnen hatte? Doch auch heute sah ich es nicht, er lächelte nur leicht und streifte mit seiner Hand die meine, bevor er sich im Flur die Jacke anzog und seine Mütze aufsetzte. „Du weißt doch, Geld kann man immer gebrauchen. Vielleicht können wir davon Stanley einen Nachhilfelehrer bezahlen. Er hat mir letztens erzählt, dass er einige Probleme in der Schule hätte.“ Etwas überrascht schaute ich ihn an. Die beiden redeten auch über andere Sachen als Baseball miteinander? ‘Immerhin.’, dachte ich mit einiger Zufriedenheit, als ich ihm einen Abschiedskuss gab und er sich kurz angebunden verabschiedete. Ich sah dem Auto nach, bis es hinter der Hausecke verschwand. Über fünfundzwanzig Jahre waren Michael und ich jetzt verheiratet. Er war meine erste große Liebe gewesen. Manchmal dachte ich, dass genau das der Grund war, warum wir nie wirklich gelernt hatten, wie man eine Beziehung führt – weil wir immer nur uns kannten. Gleichzeitig konnte es ganz so falsch doch nicht sein, wenn ich unsere Errungenschaften mit dem verglich, was eine Beziehung typischerweise so sein sollte. Und dann war es doch wieder da, dieses Gefühl der Unzufriedenheit, des Unwohlseins. Ist das vielleicht der natürliche Lauf der Dinge?

© Lukas Stock 2025-05-28

Genres
Suspense & Horror