Der Mann mit dem Holzkreuz und den edlen, reinweißen Gewändern schrie mich wutentbrannt an. Mehrere Abro nipa eilten herbei. Ich sah, wie die Männer laut miteinander sprachen und dabei gestikulierten. Ich spürte wie sich mein Magen vor Angst zusammenzog. Dann geschah alles ganz schnell. Ich wurde gepackt und unsanft auf den Innenhof des Castles geführt. Meine Hände wurden gefesselt. Mitten im Hof stand ein Holzbalken. Dort wurden meine Hände hoch über meinem Kopf befestigt. Die Fesseln schnitten in meine Handgelenke, weil sie den Großteil meines Körpergewichts trugen. Verzweifelt suchten meine Zehenballen den Bodenkontakt. Ich registrierte eine Bewegung hinter mir, im nächsten Moment rutschte mir mein Kleid vom Körper. Ich stand gefesselt und komplett entblößt im Innenhof vor einer immer größer werdenden Menschenmenge. Immer mehr Abro nipa versammelten sich um mich. Ich suchte in der Menge nach irgendetwas, das die in mir anschwellende Panik mindern könnte, doch die Abro nipa schienen voller Vorfreude auf das zu warten, was kommen sollte. Niemand interessierte sich für meine Angst oder meine Scham. Ich fühlte mich wie ein gefangenes, zur Schau gestelltes Tier.
Mein Blick fiel auf einige wenige Sklaven, die sich etwas abseits in einer Ecke versammelt hatten. Ich konnte trotz der Entfernung das Entsetzen in ihren Gesichtern deutlich ausmachen. Ich entdeckte auch Mary. Sie weinte. Mir musste Furchtbares bevorstehen. Die Panik trieb mir den Schweiß auf die Stirn. Mein Atem entwich nur noch stoßweise meiner Lunge. Ich nahm zwei Abro nipa wahr, die sich hinter mir positionierten. Der weiße Mann vor mir hielt noch immer den gekreuzten Holzgegenstand in der Hand, sah mich voller Abscheu an und spuckte mir mitten ins Gesicht. Dann wandte er den Blick zum Himmel und begann mit lauter Stimme einen monotonen Singsang. Ich vernahm ein zischendes Geräusch. Im nächsten Augenblick drang ein Schmerzensschrei tief aus meiner Lunge. Ein weiteres Zischen ertönte, gefolgt von einem weiteren schmerzerfüllten Schrei. Noch ein Zischen. Noch ein Schrei. Ich fühlte bei jedem Peitschenhieb, wie mir das Fleisch aus dem Rücken gerissen wurde. Ich spürte, wie Blut über meinen Rücken zu laufen begann. Wie durch einen Nebel hörte ich, wie die Menge jubelte und meine Peiniger anzufeuern schienen. Ein Zischen. Ich schrie aus voller Kraft. Mein Körper krümmte sich vor Qualen. Ich verlor die Bodenhaftung und hing nur noch an den Seilen an meinen Handgelenken über meinem Kopf. Noch ein Zischen. Ein Hieb. Ein Schrei. Ein erstickter Schmerzensschrei. Mein Rücken, auf dem mit jedem Peitschenhieb eine neue, tiefe Fleischwunde entstand. Blut, das auf den Boden tropfte und sich dort zu einer Pfütze sammelte. Wie in weiter Ferne nahm ich die lachende Menge wahr. Ein Zischen. Schmerz. Meine Lunge, bereits zu erschöpft, um noch einen Schrei nach außen dringen zu lassen. Mein Geist, der meinen Körper zu verlassen schien, um den unerträglichen Qualen zu entkommen. Ein Zischen. Schmerz. Blut. Ich hing in meinen Fesseln, spürte die unsäglichen Qualen, doch ich hatte keine Kraft mehr zu schreien. So ertrug ich jeden Peitschenhieb in der Hoffnung, es wäre nun der Letzte.
© Melly Schaffenrath 2023-08-30