Ohne dieses Bild wĂŒrde mir dafĂŒr jede Vorstellungskraft fehlen: Drei groĂe Tiere, die Elefanten Ă€hneln, ziehen durch eine Landschaft im TertiĂ€r. Vor 10 Millionen Jahren bestand unsere Gegend zwischen Alpen und Bayerischem Wald bei Temperaturen, die 5 bis 6 Grad höher lagen als heute, aus versumpften Auen, lichten, versteppten TrockenwĂ€ldern und riesigen UrwĂ€ldern. In Seen, SĂŒmpfen und FlĂŒssen tummelten sich Schildkröten, Riesensalamander, ja sogar Krokodile und an Land kĂ€mpften Giraffen, Zwerghirsche und Antilopen mit groĂen bĂ€renartigen Tieren, den SĂ€belzahn- und Zibetkatzen, um ihren Lebensraum.
Beherrscht haben die Szene aber sicherlich Nashörner und die VorlĂ€ufer âunsererâ Elefanten, Giganten mit Schulterhöhen zwischen 3 und 4 Metern bei den ausgewachsenen Tieren. Wir können uns diese urweltlichen Lebewesen nicht zuletzt deshalb ganz gut vorstellen, weil an nicht weniger als sechs Stellen im Inntal GroĂknochen von Elefantenartigen gefunden worden sind.
Vor dem berĂŒhmtesten von allen stehen WIR gerade, dem Gomphotherium von Queng, besser bekannt als der âUrelefanten von MĂŒhldorfâ,âFossil des Jahres 2013â. In den 1970er Jahren war das nahezu vollstĂ€ndige Skelett dieses auch âMastodonâ genannten und vor 1 Million Jahren ausgestorbenen Tieres am Innufer zwischen Waldkraiburg und MĂŒhldorf gefunden und unter schwierigen Bedingungen geborgen worden. – Eher bescheiden, aber nicht weniger bedeutend, macht sich daneben der Unterkiefer mit den 2 StoĂzĂ€hnen des Dinotheriums von Ebing aus. Der gewaltige Hauerelefant, zu dem dieses Knochenfragment gehörte, war 3,50 Meter hoch und ist vor 3 Millionen Jahren ausgestorben.
Wenn wir das Mastodon und den Hauerelefanten-Kiefer betrachten und sie unseren Kindern und Enkelkindern vorfĂŒhren wollten, mussten wir bisher nach MĂŒnchen fahren, wo beide öffentlichkeitswirksam im Lichthof des PalĂ€ontologischen Museums ausgestellt sind. Jetzt sind sie aber âheimgekehrtâ in die NĂ€he ihrer letzten RuhestĂ€tten, wo ihnen, beziehungsweise Kopien von ihnen, ein angemessenes Denkmal gesetzt worden ist.
Aus einem einzigen groĂen Raum besteht das nagelneue Urelefanten- Museum am rechten Innufer bei Starkheim, in dem wir uns gerade befinden. Gut erschlossen durch die neue FuĂgĂ€nger- und RadfahrerbrĂŒcke und hoch aufgestelzt, damit kein Hochwasser ihm etwas anhaben kann, ist es in kĂŒrzester Zeit zu einem Publikumsmagneten in der Region geworden. Die beeindruckenden AbgĂŒsse des Originalskeletts und des Kieferknochens beherrschen die nach drei Seiten hin verglaste AusstellungsflĂ€che, die den Eindruck vermittelt, die Urweltbewohner bewegten sich in ihrem vertrauten Umfeld, dem Urtal des Inn.
Vieles von dem, was wir in der eben beendeten FĂŒhrung gelernt haben, war uns bisher nicht bekannt. Und ganz am Rande setzt sich bei uns die Erkenntnis durch, dass âMĂHLDORF ZUERSTâ der Nachbarstadt, wie so oft, wieder den Rang abgelaufen hat.
© Hermann Karosser 2022-06-16