Abenteuerliche Busreise durch Guyana

Georg Zenz

by Georg Zenz

Story

Joe und ich verlassen Georgetown, die Hauptstadt Guyanas und haben doppelt Glück. Einerseits weil wir den kriminellen Irrsinn dieser Stadt überstanden haben und andererseits weil wir Platz in einem der völlig überfüllten Busse gefunden haben. Wenn auch nur durch einen unter der Hand gereichten Dollarschein.

Georgetown, eine Stadt wie ein Albtraum. Lebensmittelläden, abgeriegelt mit schweren Eisengittern, durch die Waren zu den Kunden auf den Bürgersteig gereicht werden. Selbstverständlich nur, nachdem bezahlt worden war. Restaurants, wo Kellner im Vorhinein kassieren. Busfahrer, die mit schwer bewaffnetem Begleitschutz ihren Dienst tun. Hotels, die abends derartig verbarrikadiert werden, dass nicht einmal eine Maus mehr hinein kann. Und wir nicht hinaus. „Viel zu gefährlich“ – wie uns der fette und immerzu schwitzende Hotelbesitzer erklärt – „nur Ganoven und Gesindel da draußen“. So bleiben wir abends bei ihm im Hotel. Er war dann auch der einzige in Georgetown der uns betrügen konnte indem er uns wertlose Geldscheine der Insel eines gewissen Fidel C. als Wechselgeld gab. Deppensteuer.

Doch jetzt sitzen wir in einem Wrack von Bus in Richtung Paramaribo, der Hauptstadt Surinams, dem ehemals Holländisch Guyana. Anstelle einer Tür ist eine Kette quer über den Einstieg gespannt, Rückspiegel und Scheinwerfer fehlen ebenso wie die Hälfte der Scheiben oder ein Kotflügel. In Europa sind wahrscheinlich die Autos auf den Schrottplätzen allemal in besserem Zustand.

Erstaunlich aber, wie der Fahrer vierunddreißig Fahrgäste in seinen Sechzehnsitzer schlichten konnte. Joe hat eine junge Frau samt ihrem quengelndem Baby auf seinem Schoß. Ich dagegen sitze auf dem Riesenschoss von Maria Magdalena, einer etwa einhundertzwanzig Kilo schweren farbigen Mammi und denke schaudernd: „Was, wenn es umgekehrt wäre“?

Erste Station die Kleinstadt Rosignol. Alle Dreiundvierzig aussteigen. Maria Magdalena rafft unmittelbar vor dem Bus ihre zahlreichen bunten Röcke hoch, geht in die Hocke und überschwemmt plätschernd beinahe den Platz.

Weiter geht es über den Berbice River in einer rostigen Uralt-Fähre. Brücke gibt es keine. Der Ort drüben New Amsterdam. Derselbe Dreck, dieselben Mückenschwärme und Hitze. Von dort geht es auf der Ladefläche eines Pickups weiter bis Springlands. Homer, der Fahrer des Pickups rast wie verrückt die rote Wellpiste entlang. Die undurchdringlichen grünen Wände des Urwaldes links und rechts der Straße fliegen an uns vorbei. Ein entgegen kommender Motorradfahrer rettet sich mit einem mutigen Schwenk von der Straße in die Büsche. Homer siegt.

Springlands. Endstation von Guyana. Der träge dahin fließende, schmutzig braune Corontijne River trennt die beiden Guyanaländer. Morgen früh wollen wir mit der Fähre überstzen. Abends in einem Hotel. Alles starrt vor Schmutz. Auf jeden Gast kommen mindestens einhundertvierzig ausgewachsene Kakerlaken. Gott sei Dank sind wir müde genug.

© Georg Zenz 2020-05-21

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