Adhara und die Zwerge vom Untersberg

Die Nixe Adhara war nicht immer eine Nixe. Ich möchte dir daher berichten wie ihr Leben war, als sie noch ein Menschenkind war, so wie du und ich. Es war aber vor langer, langer Zeit, als nur wenige Menschen, dafür um so mehr Zwerge und Riesen unsere Heimat bevölkerten, da lebte dieses kleines Mädchen, namens Adhara. Ihre Eltern waren gestorben und daher hatte sie ein Nachbar aufgenommen. Doch er behandelte sie schlecht, gar ihr wenig zu essen und sie besaß nichts außer dem alten löchrigen Kleidchen, das sie am Leib trug. Sie musste im Hühnerstall arbeiten und war der Bauer nicht zufrieden, so schlug und bestrafte er sie hart. Statt eines Bettchens war das Stroh im Hühnerstall ihr Nachtlager.

Eines Morgens, nachdem sie die Hühnereier in einem Korb gesammelt hatte, war sie am Weg über den Hof zum Bauernhaus, als die Kinder des Bauern ihr gewahr wurden und sie zu necken begannen. Einer nahm einen Stock und hieb ihr auf die Beine, sodass sie stolperte und alle Eier zu Boden vielen wo sie zerbrachen. Als sie sah, was geschehen war, fürchtete sie sich sehr, denn der Bauer würde ihr nicht glauben, dass seine eigenen Kinder der wahre Grund für den Schaden waren.

Daher rannte sie, so schnell sie nur konnte, fort vom Hof. Entlang eines Baches, den wir heute als die Königsee Ache kennen, immer weiter und weiter bis dorthin wo sich heute St. Leonhard befindet. Dort setzte sie sich auf einen Felsen und weinte bitterlich.

Ihr Weinen blieb nicht unbemerkt, denn es drang bis in die Höhlen des Untersbergs, wo die Zwerge leben. Diese kamen hervor, um Nachschau zu halten. Doch so ein Zwerg, der versteht sich vortrefflich darauf Gold und Edelsteine, die Frauenherzen höher schlagen lassen, aus dem dem Berg zu brechen – mit großen Gefühlen einer (wenn auch kleinen) Frau, weiß er schlechter umzugehen. Unsicher, wie er ein trauriges Mädchen trösten könnte, ging ein Zwerg namens Atto zu den Wilden Frauen, die an den Hängen des Untersbergs leben, um Hilfe zu suchen. Denn auch ein Zwerg hat ein Herz und außerdem wird er von seiner Arbeit im Berg durch das Heulen abgelenkt.

Kaum hatte sie das Anliegen des Zwergs Atto vernommen, eilte Hemma – eine der Wilden Frauen – zu Adhara, um sie zu trösten. Als Hemma das Häuflein Elend sah, nahm sie Adhara in ihre Arme und schnell beruhigte sich das Kind. So kam es, das Adhara bei den Wilden Frauen aufwuchs. Sie lehrten die Kleine die Kräuter, Quellen und Steine des Berges und welche Kräfte ihnen innewohnen. Auch zeigten sie ihr allerhand Dinge, die heute vergessen sind, die es aber wahrlich gibt.

Adhara entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einem klugen, freundlichen und auch schönen Menschenkind. Ihr langes Haar glänzte im Licht der Sonne und wenn ein Holzknecht sie zufällig im Wald erblickte, ward sein Herz verloren. Doch die Menschen hatten Angst vor den Wilden Frauen und deren magischen Kräften, daher blieb sie alleine bei diesen und den anderen Wesen des Untersbergs.