ALBA – MEIN FREMDES ICH

VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE, DUBAI

Ich wache auf, blicke auf das riesige Fenster, hinter dem sich Palmen und der feine Strand und das ewige Meer verbergen. Ich fülle meine Haare mit Extensions, lege Make up auf und mein schönstes Lächeln. Erstes Selfie. „Just woke up“ Palmenhintergrund, Big smile, Urlaubsfeeling. Trotzdem bin ich nicht glücklich. Ich fühle mich leer und ausgesogen. Lege mich wieder hin. Gleich geht es zum Frühstück. Luxus pur, aber ich kann ihn nicht genießen. Je mehr Instagram Stories ich mache, desto leerer fühle ich mich. Ich habe das Gefühl, dass ich jeden anlügen würde. Ich trage nur eine Maske, bin gar nicht ich selbst, eine schön verpackte inhaltslose Hülle. Ich präsentiere mein romantisiertes Leben und die Realität ist so weit entfernt. Alles bewegt sich an der Oberfläche. Keine Spur von Tiefgründigkeit, nichts was zählt. Dolce & Gabbana Kleid, Goldschmuck von Tiffany, hohe Stilettos. Auf dem Weg ins Restaurant. Das Essen kommt. Eine Art Show Darbietung. Die Kellner singen ein Lied. Die Leute um uns herum drehen ihre Servietten über ihren Köpfen im Kreis und jubeln. Ich filme.

Ich sehe die echte Welt kaum mit meinen eigenen Augen, sondern nur durch meinen Bildschirm, durch meine filmende Hand, die jeden Moment mit dem Handy aufnimmt, als wäre ich nie dabei gewesen. Es klafft so eine große Lücke zwischen meinen Welten. Diese riesige Diskrepanz zwischen Realität und der virtuellen Welt. Habe ich überhaupt noch Charisma, besitze ich Integrität oder verschwimmen diese Werte und gehen zwischen den „Captions“ und „Likes“ verloren, bis sie sich schließlich vollständig auflösen?

Fragen gehen durch meinen Kopf. Die Frage, ob dieses Leben tatsächlich lebenswert ist? Lebe ich für mich oder für fremde Leute im Internet, die meinen Instagram Account betrachten? Nehme ich selbst mein Leben überhaupt noch wahr? Oder sehe ich es selbst zum ersten Mal wie eine Fremde auf meiner eigenen Instagram Seite? Manchmal möchte ich entfliehen und einen richtigen Moment genießen, aber es fällt mir so schwer. Wenn ich wieder einmal die wirkliche Welt nicht wahrnehme, dann schließe ich meine Augen und versuche zu träumen.