Sven Frosch war in Sorge um seinen Mann. Nicht, dass Fabian etwas zugestoßen war! Sein Partner war zwar geheimer Workaholic(er), pflegte aber nicht im Büro zu übernachten. Die Security im Amt ließ das auf Weisung des Präsidenten gar nicht zu. Fabians Boss, Dr. Max Hacker, hatte erst kürzlich auf einer Mitarbeiterversammlung vor versammelten Hause zum Besten gegeben, dass “Büroschlaf nur tagsüber gestattet” sei. Dem wohnte eine gewisse Logik inne, da Hacker seine überarbeiteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig fragte: “Und, was macht ihr eigentlich Nachts?” – “Das geht den Präsidenten nun wirklich einen feuchten Kehricht an!”, meinte Sven Frosch, als ihm seine bessere Hälfte am späten Abend dieses neueste Bonmot aus präsidialem Munde überlieferte. Hacker zeichnete sich durch einen eigenartigen und im hohen Maße gewöhnungsbedürftigen “Humor” aus. Die Übergänge von Ironie, über Sarkasmus bis hin zum Zynismus, waren so fließend wie die gleitende Arbeitszeit. Heute Abend musste Fabian abgeglitten sein. Im Büro konnte Sven ihn nicht erreichen; das Handy war ausgeschaltet. Frosch wusste, dass er sich am Vormittag mit diesem Ferdinand Dressler treffen wolle. Weiß der Teufel, was Fabian an ihm fand. Zwar deutete Fabian beim Frühstück an, dass er eventuell am Abend noch ins Saunawerk, die angesagteste Gay-Sauna der Stadt, gehen wolle. Aber dann hätte Fabian ihn nochmals angerufen. Vermutlich entspannte sein Lover gerade im Whirlpool, umgeben von hübschen Boys, bei Tausend blubbernden Luftbläschen, rund um den durchtrainierten Körper. Oder er saß – Türkisch für Anfänger – mit offenen Poren und Sinnen im Hamam unter dem inwendigen Sternenhimmel; Höhe Eschersheimer Landstraße, Hausnummer 88. Nicht, dass Sven Frosch fürchtete, dass sich Fabian anderweitig vergnügen würde. Sie lebten monogam und vertrauten einander. König und Frosch waren keine Protagonisten für Eifersuchts-Dramen. Wenn mal etwas “passieren” sollte, dann würden sie sich das sagen. Sie lebten in der Sicherheit, ihren Mann fürs Leben gefunden zu haben. Außerdem war den Zweien bewusst, dass sie kein Eigentum des anderen, sondern freie Individuen waren. – Hoch oben, in Bad Homburg vor der Höhe, überbrückte Sven Frosch die Zeit, schaute in die Röhre und schob die mit viel Liebe kreierte Lasagne zum Aufwärmen wieder hinein. Er ließ sich in die verwaiste Wohnlandschaft fallen, bettete verstreut liegende Kissen um sich und goss sich einen Hennessey ein. Sven fand schnell Trost und schwenkte seinen Cognac, während Maria McKee’s einzigartige Stimme mit “Show me heaven” den Raum erfüllte:
“There you go – Flashing fever from your eyes
Hey baby – Come over here
And shut them tight – I’m not denyin’
We’re flying above it all –
Hold my hand, don’t let me fall …”
© Thomas Schmitt 2023-12-27