âEvery life has a soundtrack. All you have to do is listen.â
Der Roman hat mich auf der Stelle gefesselt. Zoe ist Musiktherapeutin und nach einigen erfolglosen IVF-Versuchen diesmal wirklich guter Hoffnung. Das Schicksal macht ihr jedoch in der 28. Schwangerschaftswoche einen Strich durch die Rechnung. A warm gush between her legs. âI think, my water has just brokenâ, she whispers. Das Fruchtwasser fĂ€rbt sich blutrot. Der Arzt im Spital hört keine HerzschlĂ€ge. Es wĂ€re ein Bub gewesen. Zoe und ihr Mann nennen ihn Daniel.
Freitag, der 24. Oktober 1980 war ein strahlender Herbsttag. So steht es in meinem Tagebuch. In den Morgenstunden platzt die Fruchtblase. Mein Sohn, auch ein Daniel, hat es eilig. Er kommt 9 Tage zu frĂŒh, kerngesund. Heut auf den Tag sindâs 40 Jahre. Gestern feierten wir zu dritt.
The soundtrack of my life. In der FrĂŒh stellte ich gedanklich eine Liste meiner liebsten MusikstĂŒcke zusammen. Die Palette der Musik, die ich gerne höre, ist groĂ. Man verschone mich mit Hard Rock. No Heavy Metal. Keine Volksmusik. Ich liebe das Melodische. Harmonie und groĂe GefĂŒhle. TagtrĂ€umen bei Harfe und Hang. Als mein Sohn klein war, spielte ich Pachelbel, Bach und Vivaldi auf und ab. Gestern, als er die Torte anschnitt, lief Jazz Samba von Stan Getz im Hintergrund, dreimal dieselbe CD.
âThe music we choose is a clear reflection of who we really areâ.
Mit 30 hatte ich eine Ludwig-Hirsch- und Maria-Bill-Phase. Diese Obsession hielt an, bis es mir wieder gut ging. Ab diesem Zeitpunkt ist mir Musik meist zugeflogen. Wo immer ich mich aufhalte, kann mir unvorhergesehen Musik begegnen, ob in einem Konzert oder Lokal, auf Ă1, einem Chakren-Workshop oder Atem-Seminar, bei Biodanza oder Butoh. Einem Besuch bei Freunden. Musik findet mich. BerĂŒhrt mich. Wenn sie mir eine GĂ€nsehaut von den Fingerspitzen bis zum Hals hinauftreibt, von mir ganz und gar Besitz ergreift, dann setzâ ich alles daran, dass sie auf meinem USB-Stick gespeichert wird.
Ich drĂŒcke gewöhnlich auf Random Play und lassâ mich ĂŒberraschen. UnlĂ€ngst fiel die Zufallswiedergabe auf âYumejiâs Themeâ. Ich werde den Abend nie vergessen, als mir W. gestand, âIn the Mood for Loveâ sei sein erklĂ€rter Lieblingsfilm. Der Titel stellte sich als TĂ€uschungsmanöver heraus. SpĂ€testens nachdem wir uns die DVD angesehen hatten, hĂ€tte ich es ahnen können. Auch unserer Liebe wĂŒrde keine rosige Zukunft beschieden sein. Denn W. suhlte sich geradezu in der Melancholie und Schwermut, die den Film untermalt. Endlos lange Einstellungen habe ich in Erinnerung. Nichts tut sich. Und dass sich Liebe nicht erfĂŒllt, aufgrund irgendwelcher UmstĂ€nde, die uneinsichtig bleiben, stimmte mich traurig.
Ich verdanke W. jedoch dieses wunderbare MusikstĂŒck, das sich in vielen Variationen durch den Film zieht wie ein roter Faden. HerzzerreiĂende Geigen, Wehmut und Sehnsucht, ZĂ€rtlichkeit und Leidenschaft, Musik fĂŒr ein Happy End. Eigentlich. Sein Abschied, wenigstens nicht sang- und klanglos.
© Sonja M. Winkler 2020-10-24