by Lorenz Graf
Als ich vor kurzem Louis Armstrong das Lied “What a wonderful world” singen hörte, erinnerte ich mich wieder an fast Vergessenes. Schon die ersten Takte dieses Liedes berühren mich auch heute noch immer.
Aus der Zeit, in der ich fast dem Aberglauben verfiel, erhoben sich aus dem Nebel der Vergangenheit folgende Ereignisse. Unsere Ehe war noch jung, dafür war ich ein schon etwas älterer Student an der Universität in Wien. Unsere gemietete Wohnung bestand nur aus Zimmer und Küche. WC und Wasser am Gang. Das Zimmer war daher Wohn-, Schlaf- und Arbeitsstätte in einem. Gelernt habe ich vorwiegend in der Nacht, oft neben meiner schlafenden Gattin. Geraucht wurde damals hemmungslos und überall. Niemand fand dabei was Verwerfliches. Die jungen Menschen heute werden vielleicht staunend noch in alten Filmen sehen, dass man auch im Bett geraucht hat. Was damals üblich war, ist heute absolut ausgeschlossen, auch für mich.
Wenn man erfolgreich ein Studium absolvieren will, muss man auch Prüfungen machen. Stand mir wieder einmal eine Prüfung bevor, fragte mich meine liebe Frau, ob ich eh genug vorbereitet wäre. “Klar! Ich bin bis hinauf zu den Haarwurzeln angestrebert” antwortete ich. Sie warf dann einen Blick auf den Aschenbecher. War der am Überquellen vor lauter Tschikstummel, meldete sie Zweifel an. “Hast du eh nicht mehr geraucht als gelernt” fragte sie. “Nein. Ich fühle mich sicher. Es wird gut gehen.”
Und es ging nicht gut! Wenn auch die Prüfung nicht ganz negativ war, so war doch die Benotung schlecht. Schlecht fürs Stipendium, wofür man ja zuerst einen Notendurchschnitt von 2,0 benötigte, um im Jahr darauf ein Stipendium zu bekommen.
Voller Aschenbecher – schlechtes Prüfungsergebnis. Das hat sich öfter wiederholt. Damals passierte es aber auch, dass im Radio das Lied ”What a wonderful world”, gesungen von Louis Armstrong, öfter gesendet wurde.
Wieder war ein Prüfungstermin fällig. Obwohl der Aschenbecher nicht überfüllt war, riet mir die Frau, die Prüfung zu verschieben. Sie glaubt nicht, wegen der Fülle des Stoffgebietes, dass ich genügend Wissen dafür habe. “Aschenbecher verdächtig voll, Kopf halb leer” meinte sie besorgt. Aber dann hörte ich Louis Armstrong singen im Radio. Da wusste ich, die Prüfung wird gut ausgehen. Und ich hatte recht.
Das ist einige Male so geschehen. Ich bin nicht abergläubig geworden, war aber nahe daran. Aufmerksam achtete ich darauf, dass zur fraglichen Prüfungszeit der Aschenbecher nicht zu voll ist und dass ich dem Radiohören mehr Zeit und Aufmerksamkeit widmete. Aschenbecher – schlechtes Prüfungsergebnis, Armstrong- erfolgreiche Prüfung!
Begleitet von Louis Armstrong, einem nicht mehr vollen Aschenbecher und meiner lieben Gattin konnte ich das Studium erfolgreich abschließen und das sogar in einer relativ guten Zeitspanne.
What a wonderful world!!
© Lorenz Graf 2021-04-25