by Beatrix Hauß
Der April war außergewöhnlich warm. Papa verbrachte daher gern den Nachmittag auf seinem Lieblingsplatz mit Blick auf das Vogelhäuschen. „Papa, mogst net a klane Runde geh‘n, damitst amoi was aundas siagst?“ „Naa, wei i hob do nu so vü zum schaun.“
Mit täglich größerer innerer Verzweiflung und doch gute Miene zeigend, versuchte ich, Papa zu etwas Bewegung zu bewegen: „Morgn gemma wieda a große Runde, ok? Du waßt eh, wer Wödmaster werdn wüü, muass regelmäßig trainieren!“ „Wüll i jo gar net, hächstns Vizewodmaster!“ Spielten wir jetzt Farkas und Waldbrunn?„A klane genügt oiso?“ „Jo, a ganz klane. Mia ruckn anfoch den Gartentisch weg vo da Bank und dann geh‘ i rundherum!“
Papa war allerdings Weltmeister im Erfinden von Ausreden und Gegenargumenten, die aus der Feder eines Kabarettisten stammen könnten. „Mochma an klan Spaziergang? Zumindest ums Haus in Goarten.“ „Naa.“ „Da war i do scho 1000 Moi.“ „Den Weg kenn i scho auswendig“. „Da schauts no genauso aus wia gestern.“
„Jo, oba heit gibt’s a Überraschung vurn im Goarten.“ Was er konnte, konnte ich auch. Schließlich habe ich vom Größten gelernt. „A Überraschung? Na guat, daun gemma halt.“ Ich wusste, dass er sich über die ersten aufgeblühten Schneeglöckchen freuen würde und so war es dann auch.
Papa sitzt auf seinem Lieblingsplatz vor dem Haus, flankiert von mir und Robert. Wir genießen die Spätnachmittagssonne: „Gemma do zum Bankerl vorm Musikheim, da scheint die Sunn a so schee hin.“ Robert hat das Motivationstraining übernommen. “Aber es ist do diesölbe. Also kemma a do bleibn.“ „Oba duat scheints länger hin“. Wieder ein Beweis, wie wichtig die Kenntnis der Himmelsrichtungen und des Sonnenstandes sind: „Oiso gut, dann gemma. Zua Sichaheit nimm i ma nu den Steckn mit, foiss da Ötscherbär kummt.“
Silvester 2020 nach dem Essen: „Papa, du kennst do den Spruch: Nach dem Essen sollst du ruh’n oder 1000 Schritte tun! Oder?“ „Ja, und ich entscheide mich für das Ruhen“.
„Na gut, daun werd i heit die 1000 Schritte tun. Und murgn moch mas umgekehrt, ok?“ Papa sah mich verdutzt an. Ich konnte spüren, wie er ein Argument suchte, um aus dieser Bredouille wieder rauszukommen: „Dazu kann ich heute noch keine Zustimmung geben, das besprechen wir noch!“ Hatte ich ihn etwa irritiert? Das wäre das erste Mal gewesen.
Eines Abends im Jänner 2021, studierten wir das Fernsehprogramm und besprachen, welche Sendung wir uns ansehen könnten. Vor ihm stand ein Miniheimtrainer, den er auch benutzen konnte, während er auf dem Fernsehsessel saß.
„Papa, magst du net zwischendurch a bissal Radl foan, bis ma uns fia a Programm entschiedn haum? ” „Na, wia soll i mi denn damit im Finstern zrechtfindn – es is jo ka Liacht drauf!“
Durch den Spitalsaufenthalt Anfang Jänner war Papa etwas eingerostet. Wir überredeten ihn, den Rollator auszuprobieren: „Wie woas denn?” Er kam gerade von einer kurzen Trainingseinheit mit Karolina zurück. „Zum Glück war grod ka Gendarm do, so schnöö woar i unterwegs.“
© Beatrix Hauß 2021-12-05