by Laura Henk
Nervös suchte ich nach Worten, die ich ihm sagen konnte. Stattdessen brach er die Stille. “Wieso hast du deine Nummer gewechselt?” Es klang nicht wie ein Vorwurf. Er schien darüber nachgedacht zu haben, was er falsch gemacht hatte.
“Es ist nicht deine Schuld. Ich hatte gesagt, dass ich es nicht ertragen kann, wenn du so wenig Zeit für mich hast. Das war gelogen. Ich wollte dir nur nicht im Weg stehen” Noah war ganz in Gedanken versunken. “Wieso?”
“Du hast so viel zu tun. Wenn du Zeit mit mir verbringst, leidet dein Job darunter. Das will ich nicht” Noah schüttelte seinen Kopf. “Ich hätte einen Weg gefunden, für alles Zeit zu haben” Ich schüttelte auch den Kopf. “Du willst es allen immer Recht machen, egal wie es dir dabei geht. Ich wollte Schlimmes verhindern”
“Dann wäre ich eben kürzer getreten” Ich lächelte traurig. Ich hatte es gewusst. “Genau deshalb hab ich den Kontakt abgebrochen. Du steckst voller Leidenschaft, die ich so niemals aufbringen könnte. Ich wünschte, ich hätte nur halb soviel davon. In diesem Job kannst du aufleben. Ich will das nicht kaputt machen” Noah zog seine Maske herunter und sah mich an. In seinen Augen sah man, wie sehr es ihn mitnahm. “Diese Leidenschaft ist aber nichts ohne die Person, die mir am Herzen liegt” Noah weinte fast. Aus meinem Auge schlich sich eine Träne und kullerte hinunter. “Du hast etwas Besseres verdient…”
“Mag sein, aber dennoch liebe ich nur dich” Ich hatte geglaubt, dass Noah mir niemals verzeihen würde, dass ich für ihn Geschichte war, weil ich ihn verletzt hatte. Aber dass er mich noch immer liebte, ging weit über meine Vorstellungen hinaus. Immer mehr Tränen stiegen in meine Augen, sodass meine Sicht auf ihn verschleiert wurde. Dennoch nahm ich wahr, dass er näher an mich heranrutschte. Sein Gesicht berührte fast meins.
“Ich brauche dich…” Seine Worte waren nur ein Hauch, dennoch trafen sie mich tief. Ein Schluchzen entfuhr mir.
“Es tut mir leid, ich hätte das nicht tun sollen. Aber ich hatte Angst, es könnte dir alles zu viel werden”
“Ich bin stärker, als du glaubst. Aber nur, wenn du an meiner Seite bist” Sanft berührten seine Finger meine Wange und wischten mir die Tränen weg.
“Gibst du uns noch eine Chance?”, fragte er leise und sah mir tief in die Augen. Ich wusste nicht, wann ich mich das letzte Mal so sicher und geborgen gefühlt hatte. Bei keinem anderen fühlte ich mich so wohl wie in seiner Nähe. Ich würde mich selbst verleugnen, wenn ich behaupten würde, dass ich ihn nicht liebte und mir wurde klar, dass ich ihn auch brauchte und wir nicht ohne einander existieren konnten. Sollte ich einfach darauf vertrauen, dass wir einen Weg finden würden und einen Neuanfang mit ihm wagen? Dabei wusste ich, dass sich mein Herz schon längst entschieden hatte.
“Wie könnte ich es nicht tun?”, flüsterte ich und schlang meine Arme um seinen Hals. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht legte er seine Lippen auf meine und besiegelte unsere Entscheidung mit einem leidenschaftlichen Kuss.
© Laura Henk 2022-06-13