Beerdigung fĂŒr die Lebenden

MaElle

by MaElle

Story

Beerdigungen sind fĂŒr die Lebenden. Die Toten sind nicht mehr hier und wo auch immer sie sind – ich bezweifle, dass sie die Farbe eines Blumengestecks schert. Zumindest hoffe ich, wir ĂŒberwinden derlei Sorgen, sobald wir den Styx entlanggepaddelt sind.

Beerdigungen sind fĂŒr die Lebenden. Damit man sich verabschieden kann. Denn auf die EndgĂŒltigkeit eines ‘nie wieder’, kann man sich nicht vorbereiten. Man kann es immer erst verstehen, wenn es da ist und erst dann versuchen, damit umzugehen.

Die wenigen Beerdigungen, auf denen ich war, hatten nur eines gemeinsam. Am Ende blieb mir ein GefĂŒhl. Bei der ersten war es das GefĂŒhl, fehl am Platz zu sein.

Es war die Beerdigung eines Lehrers, von dem ich in der Kapelle mehr Persönliches erfuhr als in all den Jahren, die er leibhaftig vor mir gestanden hatte. UnzĂ€hlbar viele Menschen waren gekommen und meine GrĂŒnde, warum ich anwesend war, verloren sich in der Menge.

Die zweite Beerdigung ließ mich wĂŒtend zurĂŒck. Der Pfarrer predigte lange Worte ĂŒber die sinnstiftenden Eigenschaften des Sterbens. Denn mit was sonst will man sich den Tod einer 22-JĂ€hrigen ertrĂ€glich machen? Aber ich wollte nicht ertragen, ich wollte trauern. Und die Frage nach dem “Warum?” unbeantwortet in die Zweige ihres Grabbaumes rufen.

Die dritte Beerdigung war die schönste von allen. Oder die hilfreichste, wenn man Abschiedsfeiern denn ĂŒberhaupt bewerten darf. Dank der Krankheit, die Schuld war, konnte der Tote selbst tröstende Worte an die Hinterbliebenen richten. Es fĂŒhlte sich an, als hĂ€tte er sein Schicksal akzeptiert. Und das machte es mir leichter, es ebenfalls zu tun.

Nur die letzte Beerdigung, die auf meinem Lebensweg bisher eine Rolle spielte, ließ mich leer zurĂŒck. Denn ich durfte nicht anwesend sein. Ich hatte meine Schwiegermutter nur selten gesehen. Nun wird der Abstand zu unserem nĂ€chsten Treffen aus diesem ‘Selten’ ein ‘Nie wieder’ machen. Aber die EndgĂŒltigkeit, ohne einen Abschied zu erkennen, fĂ€llt schwer.

Wenn ich eines Tages sterbe, soll jeder, der kommen möchte, kommen. Nicht, weil ich das so wollte.

Sondern, weil Beerdigungen fĂŒr die Lebenden sind.

© MaElle 2022-08-18

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