Brimor Schattenfels und das Meisterwerk #2

Die Handelsstadt Dunthal – so groß, so laut, so chaotisch – empfing Brimor mit einer Wucht, als hätte ihm jemand den Amboss auf den Kopf fallen lassen.

Schon am Stadttor begann es: Menschen, Händler, Fuhrwerke, Ziegen, Kinder – alles strömte durcheinander. Glocken läuteten irgendwo, Hunde bellten, ein Karren quietschte so erbärmlich, dass Brimor sicher war, er würde gleich auseinanderbrechen. Der Geruch? Eine Mischung aus gebratenem Fleisch, Pferdemist, Schweiß und süßlichem Harz. Für Brimor war es, als hätte man sämtliche Gerüche der Welt in einen Bottich geschüttet und kräftig umgerührt.

Er drückte den Beutel mit den Edelsteinen fester an die Brust. »Nur durch den Markt. Ruhig bleiben. Niemanden anrempeln.«

Leichter gesagt als getan.

Kaum hatte er die erste Gasse betreten, wurde er angerempelt, als wäre er ein Hindernis auf einem Hindernisparcours. Menschen stießen ihn beiseite, Händler schrien ihre Preise, ein Junge rannte mit einem Korb unter seinem Arm hindurch und streifte beinahe Brimors Bart. Ein Straßenhund schnüffelte an seinen Stiefeln, bevor er bellend davonlief.

»Bei den Urahnen«, stöhnte Brimor, »wenn ich hier lebte, wäre ich nach drei Tagen taub, blind und pleite.«

Er versuchte, sich einen Weg zu bahnen, doch genau in diesem Moment stolperte ein Händler mit einem Sack Zwiebeln gegen ihn. Der Sack platzte, die Zwiebeln rollten über das Pflaster – und Brimor verlor fast das Gleichgewicht. Reflexartig griff er nach seinem Beutel, den er um Haaresbreite hatte fallen lassen.

»Pass doch auf, Zwerg!«, schimpfte der Händler und raffte seine Zwiebeln zusammen.

Brimor knurrte zurück, aber das Stimmengewirr schluckte seine Worte. Er drängte sich weiter durch die Menge, entschlossen, nur noch das Wirtshaus der Händlergilde zu erreichen.

Und dann passierte es.

Er bog hastig um eine Ecke, um einem weiteren Karren auszuweichen – und krachte mit voller Wucht in eine Gestalt. Der Aufprall ließ ihn nach hinten taumeln, der Beutel rutschte ihm aus der Hand. Ein schneller Griff, er fing ihn noch in letzter Sekunde. Doch die andere Person stand schon vor ihm. Schlank, aufrecht, mit verschränkten Armen.

Eine Frau. Eine Elbin.

Ihre Augen – hellgrün, fast spöttisch funkelnd – musterten ihn, als wäre er gerade aus einer Mine gekrochen (was nicht völlig falsch war). Ihr Gesicht war edel geschnitten, aber der Ausdruck darauf ließ keinen Zweifel: Sie fand ihn lächerlich.

»Na, wenn das mal kein Paradebeispiel für Zwergen-Grazilität ist«, sagte sie mit einem Tonfall, so süß wie Essig. »Du hast mir beinahe das Schwert aus der Scheide gestoßen.«