Der Morgen sitzt mit mir am Frühstückstisch in Espinosa del Camino. Der Kaffee in der Küche kündigt ratternd sein Kommen an. Gleich gibt es Frühstück. Ich bin im Casa las Almas, bei Sabine und Ulrich Schnepf.
Gerade ist Alex aufgebrochen, ein schneller Abschied nach zwei gemeinsamen Pilgerwochen. Da es in Burgos derzeit schwer ist als Einzelpilger ein Bett zu bekommen, hat er sein Weg so geplant, dass er erst in Tarjados übernachten wird. Die Municipal in Burgos scheint an Wochenenden nur Gruppen aufzunehmen. Und ich? Ich will kürzertreten, da ja Samstagabend mein Bus von Burgos aus zurück nach Frankreich fährt.
Gestern kam ich hier bei strahlenden und heißem Wetter an. Die beiden Schnepfs saßen im Schatten ihres Gartens und beobachteten mein Ankommen, wollten sehen, ob ich ihr Casa gleich entdecken würde.
Der gestrige Tag begann früh in der Hühnerherberge in Santo Domingo. Das Aufstehen und Frühstücken war über die Tage gut eingeübt, jeder Handgriff und jeder Bissen saß. Gegen 7 Uhr begann das Benutzen der Füße. Über die Brücke des heiligen Domingo führte der Weg nach Granon. Dort wartete der zweite Kaffee auf meinen französischen Pilgerfreund Alex und mich.
Der Camino blieb heute meist in Sichtweite der Straße. Viele LKWS fuhren geräuschvoll in beide Richtungen. Vielleicht fuhren ja einige nach Santiago. Ob ich …? Das nächste Zwischenziel war Belorado, die Straße blieb ein treuer Begleiter. Ächs. Der runde Marktplatz war schattig und ideal für das Mittagspicknick. Bar und Tienda waren auch vorhanden und offen. Meine Füße bekamen ihre Frischluftzeit und auch die Socken durften durchatmen.
Die Sonne hatte inzwischen aufgedreht. Am etwas schattigen Wegrand links pilgerte ich aus der Stadt, bevor fast nichts mehr Schatten warf. Der Camino führte an Tosantos vorbei und ich sah die kleine Felsenkapelle. Als ich auf einem vorherigen Camino in Tosantos übernachtete, gab es eine Prozession dorthin. Ich fühlte mich damals glücklich, dies mit erleben zu können. Aber auch dieses Glück warf einen Schatten. Direkt vor der Herberge auf dem Platz begann gegen 22 Uhr die Fiesta, auf der für die müden Pilger bis zu 5 Uhr früh Einschlafmusik gespielt wurde. Villambistia war das nächste Dorf. Hier erwartete mich die nächste wunderbare Erinnerung. Auf meinem ersten Camino 2001 mit meiner Hündin Suse kam ich an einem ebenfalls heißen Nachmittag dort vorbei und am ersten Haus wirkten mich drei Abuelas heran. Der Platz vor dem Haus war schattig, so setzte ich mich zu ihnen. Die eine Abuela zeigte auf eine Schüssel, ich verstand Agua und sie verschwand im Haus. Wollte sie mir Wasser zu trinken geben und ich aus der Schüssel trinken? Oder sollte das Wasser für meinen Hund sein? Falsch kombiniert, sie zeigte auf meine Füße und so bekam ich ein warmes Fußbad.
Das Haus stand noch, sah unbewohnt aus.
Espinosa war nicht mehr weit, nach dem Pilgerbrunnen brannten meine Füße durch. Und schwups, war ich schon bei Sabine und Ulrich. Mit den beiden Schnepfs verbinden sich auch viele Erinnerungen. Aber das ist schon eine andere Geschichte.
© Martin Dexheimer 2024-07-16