01. Oktober 2012, Copacabana!
Hier sind wir nun angekommen. Lorenzo & ich in unserem alten VW Bus. Am Grenzübergang von Peru zu Bolivien. Niemand da. Nur eine Kette lieblos zwischen zwei Pfosten gespannt. Weit und breit kein Mensch. Doch man konnte sie hören!
Hinter dem Grenzhäuschen spielten Beamte beider Seiten eine Runde Fußball. Stressfrei geht es hier zu. Stören wollten wir nicht. Wir genossen also das illustre Schauspiel bis zum Ende. Dann hatte man doch noch Zeit für unseren Papierkram. Das erinnerte wieder an das Feilschen auf einem persischen Basar! Papiere hin & her. Irgendwas moniert man immer. Mittlerweile schon belustigend. Diskutieren. Ruhe bewahren. Zigaretten verschenken. Plaudern. Jammern wie arm man eigentlich ist! Nur nicht zeigen, dass man eingeschüchtert ist, oder Stress hat! Wenn es gar nicht mehr geht, oder man nicht mehr will, dann eben ein paar Dollar investieren. Wirkt immer äußerst katalysierend auf den Prozess.
Doch nun weiter. Wenige Kilometer. Nach Copacabana!
Bei diesem Namen denkt wohl jeder an den berühmten Stadtteil Rio de Janeiros. An die schönen Körper, die am Atlantikstrand die Sonne anbeten. Brasilien. Den Blick auf das Meer und den Zuckerhut, mit Cristo Redendors ausgestreckten Armen an der Spitze.
Doch wer denkt bei “Copacabana” an Berge? An die Anden? An Bolivien? Ja, dort gibt es diesen Ort auch! Liegt auch am Wasser, hat auch einen Strand. Alles ein wenig kleiner und nicht am Meer, sondern auf 3.800 Meter Seehöhe. Hoch oben auf dem Altiplano. Der wichtigste Wallfahrtsort des Landes. Zwischen Cordillera Occidental & Central am Titicacasee.
Viele Geschichten & Legenden ranken sich um diesen See. Essenziell für den Reichsgründungsmythos der Inka. Der in den Anden noch immer verehrte Sonnengott Inti soll hier auf der Isla del Sol (deutsch „Sonneninsel“) sein Kind Manco Cápac zur Erde gelassen haben. Den Begründer der Inkakultur.
Selbstverständlich lebt die Region heute noch von dieser Vergangenheit. Doch Massentourismus gibt es – abgesehen von den Wallfahrtsterminen – kaum. Viel mehr mischen sich Rucksacktouristen, Hippies und andere Lebenskünstler unter die Einheimischen. Braun gegerbte Gesichter mit traditioneller Kleidung auf der einen Seite, weite Hosen, lange Haare, blaue Augen auf der anderen. Ein starker Kontrast!
Tagsüber angenehme Wärme in der Sonne. Der See nur für sehr hartgesottene Schwimmer. 10-13 °C! Doch abends wird es frisch! Ohne Jacke und Haube geht nichts. Egal! Es ist schön an einem solch entspannenden Ort zu weilen. Die sanften grasigen Hügel im Umland. Frischen Fisch aus dem See. Ein kühles Paceña Bier in den Händen. Herz was willst du mehr! Wir sind in Bolivien! Einem der ursprünglichsten Länder Südamerikas! So viel Unbekanntes. Bis jetzt weiß ich noch fast nichts. Doch nun tauche ich ein. In die Geschichte und Kultur. Jeder Tag wird mich lehren!
Denn Reisen ist das Einzige, das man kauft, aber einen doch viel reicher macht!
© Stefan Perner 2020-04-29