Das Leben nach dem Knall?- Teil 2

Sandra Amling

by Sandra Amling

Story
Taunus 2009 – 2024

Dies war aber nur die Vorhölle, die ich betreten hatte.

Der Tag rückte näher, es war der 28. August 2009.

Eine Freundin aus der Berufsschule hatte Geburtstag, und nach einem normalen Horror-Arbeitstag wäre ich auf eine Gartenparty mit anschließender Übernachtung eingeladen gewesen. Dementsprechend hatte ich viel Gepäck dabei.
Ich ging routiniert die Treppe herunter, wo normalerweise meine Mutter bereits am Esstisch saß, um mich zum Tagesstart zu begrüßen. In den 17 Jahren meines Lebens hat mir meine Mutter jeden Tag etwas zu essen gemacht und mich in den Tag geschickt. An diesem Tag saß sie nicht am Tisch. Ich dachte mir nichts dabei, denn Mamas dürfen auch mal verschlafen. Ich dachte nur „Gut, dann kaufe ich mir etwas beim Bäcker. Für mich muss sie nicht extra aufstehen.“ Ich ging ins Bad, um meine Zähne zu putzen, bis ich ein Geräusch hörte, welches mich alarmierte. Bhaaam! Das Geräusch klang so, als ob jemand die Treppe heruntergefallen wäre. Ich ließ alles fallen und rannte aus dem Bad ins Esszimmer.
Und sah, dass meine Mutter die Länge nach mit dem Gesicht auf den Boden lag. Ich sagte zu ihr noch lächelnd: „Bist du hingefallen?“, ich kniete mich zu ihr runter und bemerkte keine Reaktion, nur noch ein kleines Röcheln.
Mir war in diesem Moment sofort klar, dass dies ein lebensbedrohlicher Zustand ist. Ich rannte sofort hoch und riss meinen Vater aus dem Bett und sagte zu ihm: „Papa, Papa – Mama geht es ganz schlecht!“ Er erkannte auch, dass es ernst sein musste.
Als wir unten bei ihr waren, nahm ich das Telefon in die Hand und wählte die 112. Ich war so panisch am Telefon, dass ich kaum die Daten durchgeben konnte. Ich rannte aus der Haustür, um Platz für den Krankenwagen zu machen. Das waren die längsten 10 Minuten meines Lebens. Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Er war nicht in Sicht, und ich rannte zurück und rief nochmal an. Die Zentrale sagte mir, er sei unterwegs.
Ich wusste, es kommt auf jede Minute an. Ich wandte mich wieder meiner Mutter zu. Mein Vater hatte in der Zwischenzeit versucht, sie zu reanimieren, jedoch ohne Erfolg.


Mein Vater stand auf, und aus seinem fassungslosen Gesicht entnahm ich die Worte: „Sie ist tot, sie ist tot!“. Ich wollte das nicht zulassen. Für mich stand es nicht zur Debatte, aufzugeben. Ich liebte meine Mutter über alles. Sie war mein Mittelpunkt, mein Lieblingsmensch und meine beste Freundin.
Ich sagte: „Nein, sie ist nicht tot“, und übernahm seinen Platz. Er ging raus, um den Krankenwagen im Empfang zu nehmen. Ich startete die Wiederbelebungsmaßnahmen. Ich wusste, was zu tun war, da ich zwei Wochen zuvor den Erste-Hilfe-Kurs im Zusammenhang mit meinem Führerschein absolviert hatte. Ich gehe nicht weiter ins Detail, aber den toten, kalten Körper eines geliebten Menschen vor sich zu sehen, ist einfach zu schrecklich.



© Sandra Amling 2024-02-25

Genres
Self-help & Life support, Biographies
Moods
Herausfordernd, Hoffnungsvoll, Traurig, Hopeful
Hashtags