Das Märchen an der französischen Riviera

Alexander Burger

by Alexander Burger

Story

Leonie lächelte zufrieden und sah mich an. Leonie und ich. Wir kannten uns ein Leben lang, denn unsere Mütter hatten sich bei unseren Geburten im Krankenhaus angefreundet. Jo war mein bester Freund, aber Leonie meine Beste. Vielleicht noch mehr. Wir hatten im Leben wirklich alles miteinander erlebt. Was ich für sie empfand, das kann ich nicht beschreiben. Unsere Leben führten uns immer auf denselben Weg und manchmal fühlte sich das alles so an, als ob wir füreinander gemacht wären. Dieser Abschied war wahrscheinlich der, der mir am schwersten fiel. Wann sollten wir uns wiedersehen und was war das zwischen uns? Waren wir mehr als Freunde? So viele Fragen, auf die mir jegliche Antworten fehlten. Kaum konnte ich darüber nachdenken, wurde ich daraus rausgeholt. Manchmal trifft man im Leben einfach auf einen perfekten Moment und genau so einen erlebte ich in genau diesem Moment, als der neue Song begann, den Felix abgespielt hatte, „Sunny Afternoon“. Ich konnte mich auch Jahre danach an jedes einzelne Detail erinnern, aber vor allem an meine Gefühle dabei. Vier Freunde befreiend aufsingend, mit voller Inbrunst! Wir waren frei. Die Szenerie, das Lebensgefühl, diese Freude. Es fühlte sich wie ein Musikvideo an. Es heißt ja immer, dass am Ende eines jeden Lebens kurz vor seinem Tod sein ganzes Leben an ihm vorbeiziehen würde. Eines war ich mir sicher: Dieser Moment wird dazu gehören. Müsste ich ein Highlight aus dieser Reise auswählen, dann wäre es mit großem Abstand dieser. Das war Leben, das war Freiheit. Dann war da noch Leonie. Der Wind wehte durch ihre langen blonden Haare. Ihr lebensfrohes Lachen übertrumpfte sogar den schlechten Gesang aus der vorderen Reihe. Wir waren alle glücklich. Die Meeresbriese, der Fahrtwind – all das spürten wir auf unserer Haut wie das Berühren einer zärtlichen Hand. Schönheit findet man an unterschiedlichen Orten und ich fand sie in Frankreich in einem Golf namens Kowalski. Ich schaute wieder auf meine Freunde und war am Ende wieder gefesselt beim Anblick auf Leonie. Wie viel sie mir doch bedeutetet – das war das einzige, was mir dabei durch den Kopf ging. Doch was waren das für Gefühle und ob es auf Gegenseitigkeit beruhte? Sollte ich die wichtigste Freundschaft riskieren? Zwei Welten trafen in mir aufeinander. Lebensfreude und Verwirrtheit. Singend und doch von dieser inneren Zerrissenheit gequält spürte ich auf einmal etwas auf meiner Hand. Ich schaute runter und sah, dass Leonies Hand auf meine lag. Alles fühlte sich nun wie in Zeitlupe an. Mein Blick wanderte nach oben und da war es, ihr Lächeln. Ob sie wusste, was in mir vorging? Ob sie was ahnte? Während vorne der Gesang immer schräger wurde, schauten wir uns einfach nur an. Wortlos. Ich kann bis heute nicht erklären, wie es dazu gekommen war. Wie Magnet und Metall wurden wir voneinander förmlich angezogen. Wir kamen uns näher und dann geschah das, was ich mir nie hätte erträumen können. Wir küssten uns. Wir küssten uns in diesem besonderen Moment!

© Alexander Burger 2021-08-14

Hashtags