Mal wieder war das ganze Dorf in Aufruhr: Das Sonnwendfeuer sollte am Wocheende stattfinden, für welches das kleine Dorf bis über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt war. Keine Gemeinde im näheren Umkreis brachte ein größeres Feuer zustande, nirgendwo waren die Grillhendl besser und natürlich trat nur hier die coolste Band Österreichs auf, in welcher mein Vater Bassgitarre spielte.
Das ganze Jahr hinweg wurde altes Holz zum Sonnwendfeuer-Platz außerhalb der Ortschaft gebracht. Jeder durfte dort abladen, was er wollte. Auch von uns fanden sich Gegenstände im Holzhaufen wieder, welcher am Abend mit großem Getöse von der Freiwilligen Feuerwehr des Ortes entzündet werden sollte. Vor allem alte Möbel, morsche Bretter von Scheunen, Strohballen und ähnliches befanden sich darunter. Aber auch der ein oder andere Plastikgegenstand. Der Umweltschutz spielte keine Rolle. Hauptsache lange brennen sollte es. Eine wahre Freude für so manchen Pyromanen.
Der große Tag war gekommen. Zum ersten Mal durfte auch ich, gerade 15 Jahre geworden, zum einen an den Festivitäten bis nach zehn Uhr teilnehmen und zum anderen, wurde mir von meinen Eltern in Aussicht gestellt, dass sie nicht hinsehen würden, wenn ich ein klein wenig Alkohol mit den anderen Jugendlichen trinken würde.
Es war ein großartiger Abend. Ich trank mit den Nachbarskindern und ihren Freunden mein erstes Krügerl Bier. Bekam meinen ersten Kuss, sowohl von einem Mädchen, als auch von einem Jungen. Lustig wars und auch unvergesslich. Irgendwann kam der Moment, an dem das Krügerl Bier, ein paar Gläser Wein, aber auch Wasser wieder ihren Weg ins Freie suchen wollten. Also machte ich mich auf die Suche nach einer Toilette. Nach wie vor ein halbes Stadtkind, war ich es gewohnt, dass bei solchen Festen irgendwo Toilettenhäuschen aufgestellt werden würden. Inzwischen leicht torkelnd machte ich mich auf die Suche. Ich entdeckte ein Schild mit der Aufschrift “WC” und freute mich darauf, bald die ersehnte Örtlichkeit finden zu würden. Meine Freude über den Fund wähnte leider nur so lange, bis ich feststellen musste, dass das “W” nur symbolisch gemeint war. Das Holzhäuschen enttarnte sich als Plumpsklo, ohne Wasserspülung, dafür mit üblem Geruch und alten Zeitungen anstelle von Klopapier. Das Stadtkind in mir hatte bei diesem Anblick einen Kulturschock und fühlte sich in einen alten Heimatfilm versetzt.
Nachdem ich dennoch meine Angelegenheiten erledigt hatte, trat ich wieder aus dem Häuschen und sah mich den anderen Jugendlichen gegenüber, welche mich breit grinsend ansahen. “Hast du denn das Schild nicht gesehen? Nur für Damen! Mannsbilder nehmen die Büsche”. Unter dem Gelächter der anderen lief ich Tomatenrot an. Mitgefühl für die anwesenden Damen machte sich breit. In diesem Moment wären die Büsche wohl wirklich die hygienischere Möglichkeit gewesen. Trotz bereits langjähriger Wochenend-Landerfahrung, blieb mir eine Vorliebe für Wasserspülungen erhalten.
© Stefan Fröhlich 2021-04-19