Das Provisorium

Hermann Karosser

by Hermann Karosser

Story
Waldkraiburg 2002 – 2025

‚Ein Provisorium ist eine vorĂŒbergehende Lösung, die bis zu einer endgĂŒltigen Lösung eingesetzt wird. Es ist eine Übergangslösung, die eine bestimmte Funktion erfĂŒllt, bis eine dauerhafte Lösung gefunden oder implementiert werden kann‘ (KI generierte Definition).

Gestern war, wie schon so oft, die normale Verbindung zwischen der Stadt MĂŒhldorf, wo wir wohnen und Waldkraiburg, wo ich 30 Jahre gearbeitet habe, gesperrt. Da nahmen wir, um unser Ziel zu erreichen, die Route durch die Innenstadt, ĂŒber den ‚Kreisel‘ am Haus der Kultur. Warum ich das erzĂ€hle? Nun, weil das MEIN Kreisverkehr ist, soll heißen, die Idee dafĂŒr hatte ich und ich bin bis heute stolz darauf.

Noch anfangs der 1990er Jahre war es schier unmöglich, bei uns in Bayern diese Form der VerkehrsfĂŒhrung zu verwirklichen. 1992 bei der Erneuerung der sogenannten BayernbrĂŒcke und dem Umbau des Anschlusses des Stadtteils SĂŒd ĂŒber die Franz-Liszt-Straße, hatte der zustĂ€ndige Stadtplaner vorsichtig versucht, das Thema Kreisverkehr als Alternative fĂŒr den Straßenausbau anzusprechen. Er wurde im Stadtrat gnadenlos ausgelacht und niedergemacht. – Aber irgendwann zum Ende des vorigen Jahrhunderts hin hatten staatliche Verkehrsbehörden und erste Gemeinden ihre Abneigung gegen die im Ausland lĂ€ngst verbreiteten Kreisel nach und nach abgelegt und sie salonfĂ€hig gemacht. Warum das so lange gedauert hat, ist mir ein RĂ€tsel. Jedenfalls wollten nun wir in Waldkraiburg natĂŒrlich mit unter den ‚Vorreitern‘ sein, zumal wir an der Kreuzung Teplitzer-/Beuthener-/Adlergebirgsstraße ohnehin eine Entwicklung zum Unfallschwerpunkt beobachten mussten, die einer Bereinigung bedurfte.

„Versuchen wir’s doch mit einem Kreisverkehr“, war mein Vorschlag an den fĂŒr experimentelle Lösungen stets aufgeschlossenen damaligen BĂŒrgermeister. „Wir hĂ€tten Platz genug fĂŒr ein Provisorium und, wenn’s funktioniert, auch fĂŒr einen spĂ€teren Vollausbau“. Gesagt, getan. „Bei einem Außenradius von 16 Metern und einem Innenradius von 8,5 Metern rechnet Erster BĂŒrgermeister Jochen Fischer mit einem wesentlich besseren Verkehrsfluss, als es bei der derzeitigen Ampelregelung möglich ist“, war in der offiziellen Veröffentlichung der Stadt vom April 2002 zu lesen. Und: „Als besonders erfreulich bezeichnet das Stadtoberhaupt die Kosten fĂŒr das ĂŒberarbeitete Konzept. Sie liegen bei 44.000 Euro.“ Was fĂŒr ein SchnĂ€ppchen aus heutiger Sicht.

KĂŒrzlich war der Kreisel gesperrt, tief und breit aufgerissen fĂŒr FernwĂ€rmeleitungen. Sie haben es dann aber wunderbar wiederhergestellt. ‚Es‘, das Provisorium, denn zum geplanten ‚Vollausbau‘ ist es nie gekommen. Nach wie vor bilden aufgestellte Betonpflanztröge teilweise den Fahrbahnrand und nicht mehr benötigte AsphaltflĂ€chen sind statt zurĂŒckgebaut dem Verkehr mittels Bodenmarkierungen entzogen.

Neben all dem Positiven, das diese Geschichte ohnehin beinhaltet, bewahrheitet sich wieder einmal das alte Sprichwort: ‚NICHTS HÄLT SO LANGE WIE EIN PROVISORIUM‘

© Hermann Karosser 2025-06-18

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Biographies
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