Das schlechte Gewissen der Frauen

Jasmin Frey

by Jasmin Frey

Story

Heute, am 8. März, ist Weltfrauentag. Er soll für Gleichberechtigung stehen, soll an eine gerechtere Verteilung der Carearbeit erinnern. Dieser Tag soll dafür stehen, dass Frauen auch im Job mehr Gleichberechtigung erfahren.

Ich habe 2019 ein Kind bekommen, bin nun seit 20 Monaten in Elternzeit und fange morgen wieder an zu arbeiten. Erst mal nur 3 Tage, dafür aber je 8 Stunden und was ich mir deswegen aus den unterschiedlichsten Reihen anhören durfte ist nicht nett! Was alle “Senf-dazu-Geber” gemeinsam haben ist, dass sie mir ein schlechtes Gewissen meinem Kind gegenüber machen. “Oh, so lang? Das arme Kind…” Ja, dafür aber nur an drei Tagen! “Wie, du gibst dein Kind JETZT schon in die Kita?” Ja, wir können uns keine längere Elternzeit leisten (die war eigentlich auch schon ziemlich lang). “Also in anderen Einrichtungen dürfen die Kinder eh nicht länger als 6 Stunden am Tag in Betreuung sein, sie sind ja noch zu klein.” Aber mein Kind hat doch so einen Spaß und nachmittags sind sie eh nur zu dritt! Außerdem will ich endlich wieder ein Leben außerhalb des Mama-seins. Aber das darf man ja nicht sagen. Auch nicht am Weltfrauentag.

Von uns Frauen bzw. Müttern wird verlangt, dass wir uns für unseren Nachwuchs aufopfern, alles auf uns nehmen, unsere Bedürfnisse ganz hinten anstellen. Das ist doch ganz natürlich, der Mutterinstinkt sollte greifen! Ja, ich liebe mein Kind – abgöttisch! Trotzdem möchte ich mehr sein als “Ich bin die Mama von…”

Wisst ihr was ich nach dem letzten Satz jetzt gemacht habe – der kam von der Kindergärtnerin heute Morgen, weil ich nach den Früh-/Spätdiensten fragte – ich habe mit meinem schlechten Gewissen da gesessen, geweint und mich gefragt, ob ich daran noch was ändern kann. Könnte ich zu meinem Arbeitgeber gehen und auf das Wohlwollen hoffen, dass ich anstatt drei Tage, vier Tage kommen kann mit je weniger Stunden oder wäre das zu dreist? Ich würde mich direkt wieder ins Aus schießen. “Ach die neue Mutti wieder, immer machen die Extrawürste.” Als ich noch keine Mama war, dachte ich auch nicht gerade nett von anderen, ständig fehlenden, nur paar Mal die Woche wenige Stunden arbeitenden Müttern.

Wir haben noch einen langen Weg vor uns, den (leider) nur unsere Männer zusammen mit uns bereiten können. Denn sie müssen Mitziehen! Müssen auch Carearbeit leisten, Elternzeit nehmen, verkürzte Arbeitszeiten in Kauf nehmen und die Karrieren hinten anstellen für unseren Nachwuchs.

Für bessere Chancen.

Für Gleichberechtigung.

© Jasmin Frey 2021-03-08

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