Das Trauma (3)

Lucille Krämer

by Lucille Krämer

Story

Das einer Frau und das eines Mannes. Der Mann sah rundlich aus und hatte eingefallene und rote Augen. Als hätte er seit Tagen nicht geschlafen und vorher stundenlang geweint. Sein Gesicht war pummelig aber sein Körper wirkte mager und abgehungert. Die Frau hingegen sah arrogant aus. Sie hatte ein kantiges Gesicht, geschürzte Lippen und eine wunderschöne Figur mit einem langen, rotem Kleid. Sie sah aus wie das perfekte Gegenbild des Mannes. 
“Denkst du wirklich es macht jetzt einen Unterschied ob du aufstehst oder nicht? Denkst du wirklich es interessiert irgendjemanden ob du jetzt dieses Wasserglas trinkst? Du könntest es auch gleich lassen”, sagte die Frau. Ich zuckte bei ihrer Stimme zusammen. Sie klang schrill und streng. 
“Sie hat Recht, bleib liegen. Es ist besser für dich”, sagte auch der Mann. Er hingegen klang ruhig aber tief Traurig, ähnlich wie Leere zuvor.
“Wer seid ihr?”, hauchte ich nur als man mir die Hand vom Mund nahm. 
“Ich bin Depression”, antwortete der Mann, “und das dort ist Innere Stimme.”
Die Frau knickste kurz, “Sehr erfreut dich kennenzulernen. Ich bin hier um dich zu der besten Version deiner selbst zu machen. Kein Schlaf, kein Essen, kein Kontakt. Wir werden in Zukunft viel zusammen arbeiten. Wir kümmern uns um deine Figur, dein Einkommen und deine Schönheit. Immerhin willst du doch für etwas gut sein, oder nicht?”
Ich sah sie an, “Wie meinst du das? Was ist mit meiner Gesundheit? Meinen Freunden?”
Die Frau lachte, “Hast du das gehört, Depression? Freunde und Gesundheit. Unwichtig. Wir kümmern uns um die wichtigen Dinge!”
Ich sah sie an, “Ich will dich aber nicht…”
Die innere Stimme hörte auf zu lächeln. Sie kam näher zu mir. “Halt sie fest, Depression. Ich muss etwas klären.”
Ich wollte aufstehen, aber der Mann raffte mich hoch und klemmte mir die Hände auf den Rücken. Die innere Stimme legte ihre Hände, mit den langen und viel zu spitzen Fingernägeln, an meinen Hals und stieß sich an meiner Brust ab. Ich hatte das Gefühl sie würde mir die Luft abschnüren, aber nur so weit das ich danach schnappen musste und nicht ersticken würde. 
“Du bist nicht gut genug für deine Freunde. Denkst du ehrlich es würde sie auch nur einen scheiß interessieren ob du lebst oder nicht?”
“Das stimmt nicht! Sie lieben mich”, röchelte ich.
“Bist du dir da sicher? Melden sie sich oft bei dir? Wenn du ehrlich bist, wie viele würden weinen wenn du Tot wärst? Wie viele würden zuhören wollen wenn du Hilfe brauchst? Wer denkst du wird in zwanzig Jahren immernoch bei dir sein? Du bist allein, du hast nur dich selbst.
Mir kamen die Tränen, “Du lügst.”
“Als du deinem Freund gesagt hast, es geht dir nicht gut, hat er sich gekümmert weil er dich liebt, oder weil er muss? Kümmert sich deine Freundin weil sie es will, oder weil sie ein schlechtes Gewissen hat? Sie wünschen du wärst einfacher und folgen den Gesellschaftlichen Regeln, das ist alles!”
“Hör auf!” Ich fand Wahrheit in ihren Worten und das machte mir Angst. 


© Lucille Krämer 2025-02-24

Genres
Suspense & Horror
Moods
Dunkel, Angespannt, Dark
Hashtags