Den Regenwald gibt’s wirklich Teil 1

BellaAmalie

by BellaAmalie

Story

Eigentlich konnte ich es kaum glauben, als der Airbus sich emporhob und Amsterdam Schipol unter uns immer kleiner wurde. Ich verließ tatsächlich zum ersten Mal europäischen Boden. Es war ein jahrelanges Hinfiebern gewesen, endlich die Welt zu bereisen, von der ich so viel gelesen und gehört hatte. Endlich herauszufinden, ob sie wirklich rund ist und sich dieser Streit darum gelohnt hatte. Menschen kennenzulernen, die nicht alle gleich aussahen, gleich sprachen, den ungefähr gleichen österreichischen Lebensstandard teilten. Hinaus in die weite Welt- das war mein Gebot der Stunde! Ich war damals 20 Jahre alt und 2012 sollte ein Jahr mit sehr viel reisen und Selbsterfahrung für mich werden.

Ich verschlief den Großteil des Atlantikanblicks und wachte irgendwo über Brasilien wieder auf. Der kleine Monitor am Sitz vor mir zeigte mir verschiedene geografische Daten an. Etwas, das ich jedoch nur bemerkte, als ich meinen Blick aus dem kleinen Flugzeugfenster schweifen ließ, war die Landschaft unter mir. Felder, aufgewühlte Erde und daneben, als hätte man mit einem Lineal einen Strich gezogen, buschig wucherndes Grün.

Ist er das? Ist das der Regenwald? Der Ort an dem Tiere lebten, die ich nur aus Dokumentationen oder Kinder-Sachbüchern kannte? So müsste es doch sein und… ist dieser exakte, nahe zu brutale Unterschied zwischen der aufgewühlten Erde und den schönen Bäumen dann die Abholzung des Regenwaldes? Die Abholzung, von der man ebenfalls schon in der Volkschule hört, wie fürchterlich sie auf sämtlichen Ebenen ist?

Es war tatsächlich ein Gebiet, das abgeholzt worden war. Ein Ort an dem das Geld, das die Bodenschätze erzielten als vielversprechender galt, als der Schutz gefährdeter Arten und dieses quasi Luftreinigungsvorgangs, mit dem die wunderbaren Bäume den gesamten Planeten segneten.

Es dauerte noch drei Monate, dass ich mich von Buenos Aires aus in Richtung des tropischen Nordens Argentiniens zu den Iguazu Wasserfällen an der Grenze zu Brasilien begeben sollte. Und es war alles, wie ich es mir ausgemalt hatte. Rote, lehmige Erde am Wegesrand, überwältigend viele Bäume und Büsche, aus denen eine tierische Geräuschkulisse drang, die ich unmöglich differenzieren konnte und ein intensiv feuchtes Klima. Drei Tage in den Tropen reichten. Drei Tage in einem kleinen und von Touristen überlaufenem Nationalpark, aber dennoch drei Tage, die sich mir tief eingeprägten. Ich kam aus dem Staunen kaum mehr raus. Das Sehen, Hören, Fühlen von etwas, das mit Hintegrundinformationen auf einer kognitiven Ebene schon da ist, finde ich immer wieder beeindruckend und berührend. Ganzheitliches Begreifen könnte man meinen. Doch mir wurde meine Unbedeutsamkeit und Unwissenheit im Vergleich zu diesem Regenwald, diesem Kontinent, diesem Planeten bewusst. Schmerzlich traf mich die Gewissheit, wie fürchterlich der Verlust des Waldes für uns ist und wie unachtsam ich gegenüber der Problemstellung doch eigentlich war.

© BellaAmalie 2021-04-18

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