Der Autounfall

Der Tag, an dem sich ihr Leben komplett verändern würde, begann wie jeder andere Tag…

An diesem Abend machte sie sich, wie gewöhnlich an jedem Abend, nach der Arbeit durch die dunklen Gassen auf den Heimweg. Da um diese Uhrzeit in dem Dorf, in dem sie lebte, sonst kaum jemand unterwegs war, hatte sich die Stadtverwaltung die Straßenbeleuchtung zu dieser späten Stunde gespart. Deshalb musste sie immer im Dunkeln nach Hause laufen. Angst in der Finsternis alleine durch das Dorf zu gehen, hatte sie jedenfalls nicht. Schließlich kannte sie die meisten Einwohner hier ihr Leben lang und diese schliefen nun zu dieser späten Stunde eh schon. Außerdem war in diesem Dorf seit vielen Jahren nichts Außergewöhnliches oder Spannendes mehr passiert. Jedenfalls nicht seit dem tödlichen Autounfall ihrer Eltern.

Ihre Eltern und sie, als kleines Baby, auf dem Rücksitz waren mit dem Auto unterwegs gewesen. Als sie am Ortseingangsschild vorbeifuhren, war plötzlich ein Laster rückwärts gefahren und mit ihnen zusammengestoßen. Ihre Eltern waren sofort tot gewesen, aber sie hatte den Unfall, zum Erstaunen aller, überlebt mit nur ein paar Schrammen und Schnitten. Das Einzige, was sie nun an diese tragische Nacht erinnerte waren ihre Narben auf ihrem Körper und ihre Alpträume. Sie war zwar noch ein kleines Baby gewesen, trotzdem plagten sie jede Nacht die wenigen Erinnerungen, die sie von diesem Tag noch hatte. Sie hörte sich noch immer vergnügt lachen, als ihr Vater und ihre Mutter sie in die Luft warfen bei einem Picknick auf einer traumhaften Wiese mit vielen bunten Blumen. Immer noch konnte sie das Gewicht der Kette spüren, die ihre Mutter bei diesem Picknick von ihrem Hals abgemacht und ihr um ihren kleinen Babyhals gelegt hatte. Sie sah noch immer das besorgte Gesicht ihrer Mutter, die sich kurz vor dem Aufprall auf den Laster zu ihr umgedreht hatte, und hörte sie dabei immer noch flüstern: “Ich liebe dich, mein Engel. Vergiss das nie.” Bei diesen Worten lief ihrer Mutter eine Träne die Wange hinunter, bevor sie zusammen mit ihrem Vater in einem großen Licht, das plötzlich sehr hell aufleuchtete, verschwand.

Dann wachte sie jede Nacht schweißgebadet in ihrem Bett auf, immer zur selben Uhrzeit, zu der der Unfall passiert war. Mittlerweile fühlte sie sich mit diesen Alpträumen fast schon verflucht. Aber jedes Mal, wenn sie den Anhänger an der Kette um ihren Hals, die sie, seit sie diese von ihrer Mutter geschenkt bekommen hatte, niemals ablegte, berührte und mit ihrer Hand umschloss, fühlte sie sich umarmt und beschützt. Dieses Gefühl verlieh ihr jedes Mal aufs neue Kraft und gab ihr Mut weiterzuleben, auch wenn sie sich alleine und verloren fühlte.

Dieser Autounfall, bei dem ihre beiden Eltern starben, war das Außergewöhnlichste seit einer Ewigkeit in diesem Dorf. Es war mal endlich etwas passiert und dies zog natürlich alle Bewohner wie magisch an. Ein paar der Dorfbewohner und die Rettungskräfte aus den naheliegenden Dörfern gaben ihr Bestes die Verunglückten zu befreien aus dem Autowrack und halfen später auch bei den Aufräumarbeiten der Unfallstelle…