IM ZENTRUM meines Körpers macht sich gestern am späten Abend ein merkwürdiges Bauchgefühl breit, das halswärts wandert und zu unerklärlichen Würgereflexen führt. Dass ich nicht kotzen muss, grenzt an Körperbeherrschung oder an ein Wunder.
Hin und her überlege ich, was ich (Wolfi allein zuhaus’, Ehefrau bei Mutter und Schwester im Waldviertel) denn Belastendes GEGESSEN oder GETRUNKEN haben könnte. (Dass es etwas gewesen ist, das ich GESEHEN haben könnte, das sich mir so auf den Magen geschlagen hat – auf diese Idee bin ich nicht gekommen).
Mein Spürsinn wird angeworfen. Sherlock schau oba! Das Mittagessen (Rotkraut, Bratkartoffeln und Käsekrainer – mit Bier als Gleitmittel) liegt zu lange zurück und hat die würgereflexauslösende Zone längst passiert und hätte, konsequent weitergedacht, wohl das ausgelöst, was unsere Nachbarn so trefflich als “Flitze” bezeichnen. Sherlock, such weiter!
Nach einem erholsamen Mittagsschläfen mache ich eine 41-km-Radtour, nicht mit dem Rückenwindbike trotz Gegenwind. Magengrimmenauslöser? Unwahrscheinlich. Ausgeschlossen.
Nach dem Duschen, bei dem sicher kein keimbelastetes Wasser durch die Kehle magen- und darmwärts geflossen ist, zieht es mich an den Laptop, um EURE Texte zu lesen, zu kommentieren, mich an ihnen zu erfreuen. Ein Beispiel sei erwähnt: Maria schreibt von den Kuruzzen, die sich furchtbar in meiner Heimat aufgeführt haben, mordend und brandschatzend zum Schrecken der Menschen im Weinviertel gewütet haben (was ist da heute C. dagegen!?) Nein, alle Texte die ich lese, liebe ich, lache, werde nachdenklich gestimmt, kommentiere empathisch, freue mich bei St.1 zu sein. Magendruckwürgreflex ausgeschlossen.
Ach ja, auf eine Mail einer befreundeten Schamanin habe ich geantwortet. Wohlgefühl.
Mein Abendessen komponiere ich wie immer liebevoll (mein Auge isst mit!) – 2 Blatt Schinken, 2 Tomaten, ein Viertel (nein, nicht Wein!) roter Paprika, ein halber “Schofkas”, Schnittlauch und Kernöl drauf, 2 Scheiben Brot dazu. Allein die Farbe, der Duft … schwärm! Dazu ein Bierchen.
Das ganze auf der Terrasse im Abendsonnenschein bei strahlend blauem Himmel genossen. Herrlich! Das Leben ist schön!
Um 19.30 will ich mir die ZiB anschauen, schalte ein. Jahrestag! Nur ein Thema! Schas! Wiederholung der Bilder, die einem ein Jahr lag medial aufs Auge gedrückt werden. Da – und jetzt kommt es mir wieder in den Sinn – war auf einmal dieses merkwürdige Gefühl in der Magengegend. Fernseher ausgeschaltet.
Das nächste, das ich später sehe, ist Claudia Reiterer und ihre Gäste und IHN. Der Würgereflex ist spontan da. ER versteigt sich in Verschwörungstheorien, wird sachlich und (erstaunlich) ruhig von den Mitdiskutanten “aufgeblattelt”. Selten habe ich mehr Unverfrorenheit im TV erlebt. Ich halte durch, betäube meinen Würgreflex mental, schalte aus, gehe schlafen.
Die Moderatorin steht auf, geht zum Unaussprechlichen, scheuert ihm eine. … Hab ich das jetzt geträumt?
© Wolfgang Haidin 2020-05-18