Thai-Frisör in Ägypten. Er besprüht meine Haare mit Desinfektionsmittel. Statt seine Hände. Kamm und Schere holt er aus der Mikrowelle. “For Sterilisation. And Good Karma!” Ab zum Airport. Meine Schwägerinnencousine landet pünktlich. Sie ist Model. Und amüsant. Im Wasser stehend meint sie: “Good that I have so long legs. So I don’t have to swim.” Sie macht sich gleich am ersten Tag beliebt und übernimmt statt mir die Karaoke-Anmeldung. Bailando Spanish Version – vom Feinsten! Vom Großfamilien-Dinner in El Gouna sputen wir uns zurück ins Resort. Als ich ihn im Baströckchen an der Bar hängen seh, ist mir klar: Wir sind zu spät! Die Brazilian Party ist bereits voll im Gange. Und er Hacke. „Klaus! Wo warst du?“ Das Video seiner Performance habe ich ihm die ganze Partynacht lang nicht abluxen können. Beim Frühstück erzählt mir Siggi, wie gesund er sich ernährt. Die Gurken- und Karottenscheiben auf seinem Teller lass ich durchgehen. „2 Sonnenblumenkornspitz – das ist aber nicht gesund!“ „Doch, ich ess ja nur die Körner“ und lutscht die Sonnenblumen vom Weckerl. In der Game-Night ist Ländermatch angesagt. Im Ping Pong paniere ich ihn so richtig her. Der rot-weiß-rote Siegesschrei beim 21:18 im Entscheidungssatz ist übers Rote Meer bis zu den Saudis rüber hörbar. Siggi‘s Landskollege revanchiert sich erbarmungslos. Ich habe keine Chance. Er heißt „Friss“. Ich glaub‘s ihm nicht, bis er mir seinen Ausweis zeigt. Interessante Eltern. Der wird nie gewusst haben, ob sie ihn grad rufen oder ob er essen soll. Am Morgen werde ich zum Handtuch-Vorhalter beim Bikini-Wechsel befördert. Abdull mag mich ablösen. “No! Family First!” meint Cousinchen. Ich mag den Zusammenhalt in unserer Familie. Life is good at the beach. Good Vibes only. Auf den Zimmern gibt’s Red Flags. Wenn man die auf den Sonnenschirm steckt, darf dich kein Tour-Verkäufer anquatschen. Wir haben heute die Fahne am Zimmer vergessen. Der Tour-Verkäufer weiß aber, dass wir sonst eine Red Flag stecken haben. “Today no Red Flag?” Ich schaue auf meinen Jahrhundert-Sonnenbrand und meine: “I am the Red Flag!” “How can I support you, Mister?” “Can you please bring me a Red Flag?” Er geht wortlos weiter. Eine halbe Stunde blickt Siggi schweigend aufs Meer um dann out of the blue festzustellen: „Ich glaub zu zweit ist es ungemütlich in einer Hängematte.“ Ich lasse es unkommentiert. Zu dünn das Eis. In 1 Woche fliegt er nach Hause. Sein aktuelles zu Hause ist bei einem Freund in Berlin. Sein ganzes Leben passt in 2 Karton. Die stehen in Tirol im Keller von einem Hotel. Bis er sie holt und zu seiner nächsten Arbeitsstelle bringt. Wo die ist, weiß er noch nicht. Und ich dachte immer, ich sei ein Nomade. Melancholie liegt über der Bucht. Am Nachmittag geht’s für eine Woche in den Kiddies-Club zu meinem Neffen. Dort warten erwartungsvolle Augen und ausgestreckte Arme zum gemeinsamen Plantschen. Siggi, es heißt Abschied nehmen. Du wirst mir fehlen!
© Klaus Rafenstein 2021-04-22