Der Frosch

Barbara Riccabona

by Barbara Riccabona

Story

An einem lauen Sommerabend sitzen wir im weitläufigen Garten meines Bruders. Alle sind entspannt und genießen. Wir bleiben dort in der Dämmerung eine Zeit lang, in der die Schwalben überm Teich das Insektenbuffet den kleinen Fledermäusen überlassen. Ich liebe diese Flatterwesen, die, für unsere Ohren so lautlos, geschickt ihre Runden drehen und oft abrupt eine Volte einlegen. Beinahe fühle ich mich geschmeichelt, dass sie sich nicht von uns Menschen stören lassen.

Ein anderes Geräusch entzückt uns alle, vor allem, weil es sich akkordiert mit unserer Unterhaltung zeigt. Es gehört einem einzelnen Frosch am Teichufer, der offensichtlich sein Terrain mit seinem moderaten Quaken besetzt und seine Anwesenheit signalisiert. Sobald mein Bruder seine emotionale Stimme erhebt oder wir alle dröhnend lachen, schreit der Frosch so laut, als wollte er alle übertönen. Mit steigender Begeisterung nimmt er an unserer Unterhaltung teil, und wir tun mit, alle haben Spaß. Er mäßigt sich wieder, sobald wir dahinreden über dies und das. Als ein spätes Flugzeug über unsere Köpfe hinweg fliegt, springt der Frosch sofort wieder lauthals an.

Etwas später höre ich in einer Wissenschaftssendung im Radio, wie eine hervorragende Entdeckung eines Biologen am Neusiedlersee verlautbart wird. Ein junger Wissenschaftler hat in einer einjährigen Forschung festgestellt, dass Frösche mit der Umwelt agieren und mit Flugzeugen beispielsweise mitquaken. Tatsächlich? Dazu hat er mit Forschungsgeldern ein Jahr gebraucht, um dies festzustellen?. Ich rufe meinen Bruder an und erzähl es ihm, er ist genauso frappiert wie ich. Wir schütteln unsichtbar fürs Gegenüber die Köpfe.

Heute höre ich in den Nachrichten, ein Wissenschaftsgremium habe nach Recherchen festgestellt, dass das zukünftige Wirtschaftswachstum um 37 % weniger sein werde, als prognostiziert. Ist denn das verwunderlich? Sind wir überrascht? Wer ist so blauäugig? Wissen wir nicht alle, dass es nicht so weitergehen kann wie bisher? Die Ausgaben für Klimaschutzprojekte werden bis zum Jahr 2030 eine Billion Euro betragen, und dies nur im Euroraum. Da brauchts wieder jahrelange Forschung, bis uns aufgeht, was es kostet, wenn wir so weitermachen.

Warum, frage ich mich, werden die Gelder nicht sofort in nachhaltige Veränderung gesteckt, die Menschen ausgebildet oder Talentierte gleich in Projekten beschäftigt, die uns weiterhelfen, anstatt zu wurschteln wie bisher und alte Strukturen zu unterstützen. Das Geld dafür geht den Bach hinunter, da muss ich nicht hellsichtig sein. Wir müssen umdenken und alles, alles ändern, unser ganzes Wirtschaftssystem, schnell!

Die jetzige Vorgehensweise erinnert mich eins zu eins an die einjährigen Froschforschung, um zu bescheinigen, dass Frösche mitquaken. Ein ganzes Jahr, ist das die Möglichkeit!

Vielleicht haben wir alle einen blockierenden Frosch im Hals, spucken wir ihn doch aus, um mitreden und hernach handeln zu können!

© Barbara Riccabona 2021-09-07

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