by DamnDaniel
Hart und lange hat er sich seinen Namen ersoffen und mittlerweile thront er unangefochten auf dem Thron der Kleinstadtkneipen seiner Stadt. Betritt er die Gaststätte so schauen alle sonst so vom Alkohol erstarkten Gestalten schüchtern und verdruckst in ihr Glas.Lange ist die Zeit her als ihm jemand am Tresen das Wasser, geschweige denn das Bier reichen konnte, denn mittlerweile zapft er sich sein kühles Blondes selbst und setzt sich an den Platz, den er für würdig erachtet sein breites Hinterteil zu beherbergen. Gregor, für wenige, gute Mitsäufer auch Greg, ist mittlerweile 54 und ist mit seinen 1,94m und 110 Kilo Kampfgewicht eine Präsenz. Für die, die sich nicht trauen ihn anzusehen reichen auch die Dämonen, die ihn umgeben und eine Aura des Hasses ausstrahlen, um stillschweigend das Feld zu räumen.Wagt es mal jemand ihn zum Billard, Dart oder sei es gar Wettkampftrinken herauszufordern, so wird er meist recht schnell in seine Schranken verwiesen.Wird das Minimum der Erwartungen übertroffen, so hat er oftmals ein paar Mutige auf seiner Seite, die ihn vergebens den Rücken stärken und anschließend mit samt ihres Kandidaten aus der Kneipe verwiesen werden, wenn sie nicht schon von alleine hinaus taumeln.Wer dennoch nicht hören will, muss eben fühlen.Es gab nicht viele, die sich der Konfrontation dieser Regel stellten. Der letzte ebenbürtige Gegner war Vladi, ein Mann russischer Abstammung von ähnlicher Statur. Auch er hat lange gebraucht um sich seinen Status zu erkämpfen und ihn dann letzten Endes mit gebrochenem Kiefer und blutüberströmt das Feld zu verlieren. Das ist nun fünf Jahre her und keiner wagte mehr es zu erwähnen, bis Vladi eines Samstagabends den Raum betrat. Es hieß er sei trocken und habe sein Leben wieder unter Kontrolle, doch spätestens als er sich selbstbewusst und provozierend neben Greg, seinen ehemaligen Rivalen setzte, lauthals „Zehn Bier!“ bestellte und seinen Teil ranggleich den Schlund hinunterkippte, waren alle Anwesenden vom Gegenteil überzeugt. Greg stand ohne zu schwanken und ein Wort zu verlieren auf und zapfte 10 neue. Als diese dann ebenfalls in kürzester Zeit bis zum letzten Schluck in den Mägen der beiden Bullen versanken und das Getuschel über eine mögliche Entthronung lauter wurde, drohte die Stimmung förmlich überzukochen.Die Penner schmissen ihre letzten Groschen in die Jukebox, es wurde getanzt und der Wirt spendierte Freibier.Beim Saufen hieß es also Gleichstand, die nächst-logische Konsequenz hätte Gewalt sein müssen, doch irgendwas lag heute in der von Zigarettenqualm und Schweiß durchzogenen Luft. Als Greg den Blick in Richtung seines Kontrahenten schwenkte kullerte eine sanfte Träne über das mit Stoppeln und Tätowierungen übersäte Gesicht.„Was ist?“, kam es aus Greg hinaus.„Meine Frau“, sagte Vladi und Greg verstand. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, setzten sie an, leerte ihr Glas und verließen gemeinsam die Gaststube, ohne sie jemals wieder zu betreten.
© DamnDaniel 2022-08-15