Freiwillig hat ihn dieser Grünfrosch nicht Anspruch genommen. Er musste auf seiner Wanderung in Richtung Laichgewässer den Krötenzaun entlang hüpfen und war dabei in einen der ebenerdig eingegrabenen Kübel gefallen. Bei nur +1,5 °C und ohne schützendem Laub ist es ungemütlich in dem Plastikeimer. Wie ich ihn herausnehme, fühlt er sich ganz kalt an und ist völlig steif. Deshalb wärme ich ihn eine Weile in meiner Hand. Weiter gehe ich im Rahmen des Amphibienschutzes Burgenland den Zaun entlang. Für die Strecken in Großpetersdorf bin heute ich zuständig.
Zur nachtschlafenen Stunde (5:30) holte mich mein Wecker aus süßen Träumen. Die morgendliche Toilette war schnell erledigt. Kuli, Notizblock und laminierter Folder mit Beschreibungen der Amphibien kamen in die rechte Anoraktasche. Links fanden Handy und Taschenlampe ihren Platz. Wichtig ist auch der große Kübel. Profis, wie ich (kichert da jemand?? Es ist meine zweite Saison!), nehmen noch etwas zum Hände abwischen und ein Müllsackerl mit. Das dient mir auch als Unterlage, wenn ich mich hinknien müsste. Einmalhandschuhe kann verwenden, wer will. Zuletzt ziehe ich mir die neongelb und -grün gestreifte Warnweste über. Schon um 6:04 starte ich mein braves Auto.
Mein erster Halt ist in der Hannersdorferstraße. Die Taschenlampe ist überflüssig, es ist schon hell. Prachtvoll blüht es am Straßenrand! Die weißen Sternchen des Buschwindröschens strahlen kräftigst. Dagegen wirkt das Gelb der Primeln pastellig. Fast zaghaft mutet das blasse Lila des Lerchensporns, ein Verwandter des Mohns, an. Seine zierlichen Kerzen sind hier gerade einmal 15 cm hoch. Das intensive dunkle Violett der kleinen Veilchen kann nur von Fußgängern bewundert werden. Während ich den Zaun entlanggehe, genieße ich immer wieder das Blütenmeer. Heute sind nur wenig Tiere aus den Kübeln zu befreien: 7 Spinnen, 1 Regenwurm, 2 winzige Nacktschnecken, 2 Laufkäfer und dann er: der verzauberte Prinz! Nun, nachprüfen tue ich das nicht, aber auf die andere Straßenseite ans Bachufer tragen. Wie allen Tieren wünsche ich ihm ein langes gutes Leben und zahlreiche Nachkommen.
Weiter geht es zum Zaun an der B63. Dort nutzen weder Kröten, Frösche, Molche, Unken noch Salamander den weniger komfortablen als sicheren Shuttleservice, um die stark befahrene Straße zu überqueren. Es gibt kein Auto das nicht mit mindestens 100 km/h an mir vorbei braust. Der Verkehr ist besonders für Amphibien lebensgefährlich. Aber jetzt geht die Saison dem Ende zu und für mich ist nicht viel zu tun. Ein gewisses Bedürfnis taucht auf und lässt mich ein stilles Fleckchen am Waldesrand aufsuchen. Dabei fällt mein Auge auf junge zarte Hopfenpflänzchen, solche wollte ich doch im Garten haben! Zu meiner großen Freude lassen sich zwei Exemplare leicht aus der Erde ziehen. Das nenne ich eine tolle Beute! Zufrieden kehre ich heim, um mein wohlverdientes Frühstück zu genießen. Heute gibt es gekochte Hirse mit einem Löffel Honig und selbstgemachtem Quittenkompott. Werden wir sehen, ob morgen mein Service mehr in Anspruch genommen werden würde.
© Hedwig Kromer 2025-04-17