Welche Muse hat dich denn geküsst, werde ich oft gefragt. Nun, ich weiß es nicht, eine Muse, Euterpe, stand plötzlich an meiner Seite. Hm.-..wer ist Euterpe? Sie ist eine der neun inspirierenden Damen, die Apollon begleiten und die für die lyrische Poesie zuständig ist. Sie beflügelt mich, gibt meinen Ideen Formen. Inspirationen entstehen bei mir, wenn Gefühle an die Oberfläche geschwemmt werden, innere Stimmen, die man nicht teilen kann. Die antike Poesie ist beispielgebend für Ausdrücke von tiefen Empfindungen. Die Musik wie die Malerei nahmen Motive aus der Literatur. Oftmals ist ein gebrochenes Herz der Saatboden für Kreativität. Bei mir war es so. In einer Zeit, in der ich nicht mehr ein und aus wusste vor Seelenschmerz, eine Pein, die mich Tag und Nacht nicht losließ, da keimte in mir das Verlangen auf, meiner Bestürzung und meinem Feeling Worte zu geben, das Unsagbare in Verse zu kleiden, mir von der Seele zu schreiben. Ich goss in lyrische Zeilen, was mich quälte. Seit Oktober 2019 sind über zweihundert Gedichte entstanden, die ich anfangs auf online Plattformen veröffentlichte. Der Austausch mit Poetenfreunden ermutigte mich, weiter die Kunst der Poesie zu erlernen. Ich hatte wenig Kenntnisse von Elfchen, Akrostichon oder Sonetten, wie man sie formt, ihnen Ausdruck verleiht und Inhalte gibt. Auf facebook wurde ich zu einer Gruppe eingeladen, die mir feedback gibt und bereichernd ist. Mit Stolz erfüllt es mich, dass ich es geschafft habe, zwei Gedichtbände zu veröffentlichen, der dritte Band mit dem Titel “Ich atme ein und aus die Welt” ist im Oktober 2021 erschienen. Lyrik ist leider im öffentlichen Interesse nicht vertreten. Aber seitdem ich neben facebook Kontakte auf literatpro und gedichte.oase habe, stelle ich fest, wie viele, gleich welchen Alters und Geschlechts, das Bedürfnis haben, ihren Gefühlen eine Stimme zu geben. Unsere Zeit ist so kalt geworden, sagte doch Rainer Maria Rilke in seinem Gedicht “Ich fürchte der Menschen Wort”.
Haben nicht schon Homer und Vergil die Musen zur Inspiration angerufen? Wer kennt sie nicht, die berühmten Worte: “Sage, Muse, mir an…..” Am Anfang der Kunst stehen sie, die dem Dichter ihre Gunst erweisen. In meinem dritten Gedichtband waren die antiken Autoren das Vorbild, als ich im Proömium die Musen anrief:
Einst aber drängte es mich den Gefühlen Worte zu geben,
Als mir das Herz überquoll in Trauer wie auch in der Liebe.
Musen, höret mich an und haucht ein den lyrischen Trieben,
Zärtlichen Eifer in Versen gereimt dem poetischen Streben!
Du, aber Euterpe, die mit Flöten begleitet die Lieder,
stimme mit mir fröhlich ein in das lyrische carmen-
Reichet, ihr Musen, im Tanz und Gesang mir die Formen,
kommet und lasset euch hier bei mir selig nieder !
© Sonja Runtsch-Dworzak 2021-05-15