Der letzte Sommer

Wann haben die Sommer eigentlich aufgehört, so zu sein, wie wir sie als Kinder erlebt haben? Die Sommerferien während der Kindheit hatten einfach etwas ganz Besonderes an sich. Sechs Wochen Ferien – eine unvorstellbar lange Zeit und gleichzeitig jedes Mal wieder viel zu schnell vorbei.

Diese Zeiten, als wir mit unseren Freunden zu Hause um die Häuser gezogen oder gemeinsam mit den Fahrrädern zum See gefahren sind. Als wir im Sommerurlaub mit den Eltern neue Freundschaften geschlossen haben, die unzertrennlich schienen und gleichzeitig nach 1-2 Wochen wieder zu Ende waren? Die Zeit hat sich einfach anders angefühlt damals.

Ich dachte immer, das läge an diesen sechs freien Wochen – unvorstellbar als erwachsener berufstätiger Mensch. Aber neulich, ganz heimlich still und leise, und völlig unvorbereitet, hat mich dieses Gefühl von damals wieder beschlichen. Als sich alles irgendwie einfacher angefühlt hat, freier, und man keine Sorgen an die Zukunft oder eine Zeit nach den Sommerferien verschwendet hat.

Das war an einem eigentlich ganz normalen Tag Anfang Juli. Ein Mittwoch. Es war nach Feierabend, die Sonne schien, aber es war noch nicht typisch sommerlich heiß, nur warm. Die Sonne stand schon tief und es wehte ein leichter Wind. Ich war mit Freunden unterwegs und wir gingen spazieren. Ich lief über eine Wiese, unter mir das hohe Gras, das sich im Wind wiegte, und über mir ein endlos scheinender Himmel.

Auf einmal hatte ich das Bedürfnis meine Arme auszustrecken, die Augen zu schließen und mein Gesicht in Richtung Himmel zu strecken. Ganz unbewusst musste ich lächeln – ein richtig breites Grinsen. Weil sich in diesem Moment irgendwie alles wie damals angefühlt hat. Ganz ohne besonderen Grund. Keine sechs Wochen frei, kein großer Sommerurlaub. Einfach so, ganz unspektakulär, an einem Mittwoch Anfang Juli.

Ich war so dankbar für diesen Moment, weil er mir dieses friedliche Gefühl geschenkt hat. Er war so unbeschwert und hat mich einfach nur glücklich gemacht. Ganz plötzlich war ich wieder mein 10-jähriges Ich, das die Sommerferien vor sich hat. Und so frage ich mich: Wenn es nicht an den sechs Wochen Freizeit lag, was genau hat diese Zeit damals so besonders gemacht? Und was kann ich tun, um dieses Gefühl (wenn auch nur für einen kurzen Moment) auch heute wieder zu erleben?