Der Pinguin
Es war ein ganz normaler Dienstagmorgen, bis plötzlich ein Pinguin in unserem Garten stand. Ja, du hast richtig gelesen: Ein Pinguin. Mitten im Sommer, mitten in unserer Straße. Er stand da, als gehöre er schon immer dazu, und schaute uns an, als wolle er fragen: “Wo ist hier eigentlich der Pool?”
Meine Mutter schrie, mein kleiner Bruder kicherte, und ich war mir ziemlich sicher, dass ich entweder noch träumte oder zu viel Limo getrunken hatte.
Ich ging langsam auf ihn zu. „Hey, kleiner Kerl, was machst du denn hier?“ Der Pinguin watschelte ein paar Schritte auf mich zu, plumpste hin, stand wieder auf und schnappte sich eine der Gartenzwerg-Mützen, die in unserem Blumenbeet lagen. Sehr stilvoll, der Typ.
Natürlich mussten wir ihn verstecken, bevor unsere Nachbarn ihn sahen. Herr Meier von nebenan ist der Vorsitzende im Kleingartenverein und bekommt schon einen Nervenzusammenbruch, wenn ein Löwenzahn im Rasen wächst. Was der wohl sagen würde, wenn ein Pinguin mit Gartenzwerg-Mütze über den Rasen flitzt?
Wir tauften ihn Herr Watschelmann. Er fraß tiefgefrorene Erbsen und planschte begeistert im Planschbecken meines Bruders. Der Hund hatte Angst vor ihm, die Katze schmollte, und meine Mutter googelte panisch „Kann man einen Pinguin anmelden?“
Am Nachmittag stand plötzlich ein Lieferwagen vor der Tür. Darauf stand: „Zoo-Express: Wir holen’s zurück.“ Offenbar war Herr Watschelmann aus einem Wanderaquarium entwischt, das gerade in der Stadt war.
Mit einem dramatischen Watscheln und einem letzten Sprung ins Planschbecken verabschiedete er sich. Der Fahrer grinste und meinte: „Der ist uns schon dreimal abgehauen. Der hat’s faustdick hinter den Ohren.“
Seitdem steht in unserem Garten ein kleines Holzschild: „Hier planschte Herr Watschelmann, der mutigste Pinguin der Stadt.“
Und ich schwöre, manchmal, wenn der Wind richtig weht, höre ich ein leises „Watschel, watschel.“
© Valentina Ugur 2025-05-09