Der umgedrehte Krampus!

Erika Eck

by Erika Eck

Story

Mein Vater war bei allen Kindern in der Nachbarschaft sehr beliebt, weil er oft einen Spaß mit den Kindern machte und durch seine Kraft und Stärke jeden beschützen konnte, der in einer Gefahr war. Vor allem unser Nachbarsbub Reinhard, der bei seiner Oma aufwuchs, blickte zu meinem Vater auf und ich glaube, er nahm ihn auch als großes Vorbild!

Reinhard war der jüngste meiner Spielgefährten und mit seinen fünf Jahren hatte er noch mehr Ängste als wir ca. Zehnjährigen!

So konnte er auf der einen Seite den Krampus-Tag kaum erwarten, auf der anderen Seite fürchtete er sich vor diesem Tag und dem kommenden Abend. Um Reinhard noch mehr Angst zu machen, erzählten wir anderen ihm auch noch gruselige Schauermärchen über die „Kramperl“.

Zu dieser Zeit war es noch Brauch, dass sich irgendwelche Leute als Krampus verkleideten, von Haus zu Haus gingen, mit einer Rute an die Haustüren schlugen, wild mit einer Kette rasselten und meistens ganz schnell davon liefen, wenn ein Erwachsener die Tür öffnete.

Als es an diesem besagten Tag dunkel wurde, trennten wir uns, jeder meiner Spielgefährten ging nach Hause und auch Reinhard, der immense Angst hatte, marschierte nach Hause!

Es dauerte nicht lange und wir hörten die fürchterlichen „Krampusgeräusche“, noch etwas weiter entfernt, aber bereits näher kommend!

Auf einmal ein lautes Brüllen an der Tür, ein starkes Pochen und Reinhards Stimme, der in Panik um Hilfe nach meinem Vater rief!

Mein Vater, der die Situation sofort erfasste, öffnete rasch die Tür, beruhigte erst einmal den kleinen Buben, nahm ihn an der Hand und so stolzierten die beiden, der Große den Kleinen an der Hand haltend, auf die lärmende Krampusgruppe zu. Mein Vater schimpfte mit den wilden Gesellen, pickte sich den größten Krampus, der ihm gerade bis an die Schultern reichte, aus der Gruppe heraus, packte ihn um die Mitte und drehte ihn auf den Kopf, hielt ihn dann an den Beinen und führte ihn so dem kleinen Reinhard vor!

Dieser getraute sich, den Krampus sogar zu berühren, denn die anderen Krampusse hatten längst Reißaus genommen, als sie sahen, was ihrem „Ober-Krampus“ passierte.

Der verkehrte Krampus schrie aus Leibeskräften, denn jetzt hatte er panische Angst und bat wimmernd um sein Leben!

Je mehr er schrie, desto mutiger wurde Reinhard und letztendlich hatte er seine Angst besiegt.

Als mein Vater den armen Krampus wieder auf die Beine stellte, verlangte er von ihm die Demaskierung. Und als dieser seine Maske schweren Herzens vom Gesicht nahm und Reinhard sah, dass sich darunter nur ein Mensch verbarg, noch dazu ein guter Bekannter aus der näheren Umgebung, fielen ihm wohl alle schweren Zentnersteine vom Herzen!

Tagelang hatte Reinhard nur einen Gesprächsstoff: Wie mein mutiger Vater den grauslichen Krampus umgedreht hatte!

© Erika Eck 2020-12-05

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