Der verwunschene Prinz

Cornelia Steininger

by Cornelia Steininger

Story


Allein bei diesen drei Worten springen die Synapsen im Gehirn vor Freude und fahren Achterbahn. Groß, schlank, breite Schultern, volles Haar, dunkle Augen. „Ein richtiger Vierkanter“ oder die etwas nordische, wenn auch zurückhaltende Variante in blass-blau? Die Realität liegt dann meist irgendwo zwischen Waschbärbauch und Geheimratsecken.

Mein aktueller Prinz hat so gar nichts von der obigen Liste zu bieten. Ehrlich gesagt, kenne ich ihn bis dato nur vom Namen. Gesehen hab‘ ich ihn leider noch nie aber zumindest eine Telefonnummer habe ich bereits. Ziemlich gewagt? Keine Angst, auch wenn’s bei mir pressiert (das Prinzesschen auf der Erbse zwickt’s im Hals)! Ich falle jetzt nicht aus der „Prinzenrolle“. Leider ist die Sommersaison die so ziemlich unpassendste Zeit für ein Wehwehchen dieser Art ist. Bevor man sein Leid in allen Details schildern kann, findet man sich in einer Endlosschleife am Anrufbeantworter wieder. Es gibt also nur zwei Möglichkeiten: Augen zu und einen Frosch küssen in der Hoffnung, dass irgendetwas an den frühkindlichen Märchen vom verwunschenen Prinzen dran war oder diesen weiter herunterschlucken und durch die Gegend krächzen. Mittlerweile habe ich mich ja schon irgendwie an meine verruchte „Gianna-Nannini Langspielversionplatte“ gewöhnt. Denn es kann gut und leicht passieren, dass sich meine zarte Stimme von der holden Feldlerche, justament in die einer diebischen Elster verwandelt. Die moderne Medizin samt Antibiotikabomben hat bis dato kläglich versagt. Und so ziehe ich mir weiter meinen Inhalierspray rein und harre auf die Rückkehr von Dr. Prinz. Aber je mehr Zeit verstreicht, desto herausfordernder gestaltet sich der Alltag. War es anfangs nur das Hüsteln, treten nun verstärkt auch tollpatschige Zwischenfälle auf. Erst letzte Woche wurde mir bei einer Fotosession ein unscheinbarer Erdhaufen mitten in der Landschaft beinahe zum Verhängnis (eingeschränkte Wahrnehmung). Damit nicht genug, hab‘ ich nun auch dem Hausigel ungewollt den Kampf angesagt. “Bein-Waxing“ war gestern. Ich igle mich im wahrsten Sinne des Wortes ein (ich wollte lediglich eine Schutzhülle wegräumen, hatte die Rechnung aber ohne den neuen Untermieter gemacht: „verroll dich, hier wohne jetzt ich“). Und trotzdem möchte man seine Unpässlichkeit an der Seite des Prinzen beschönigen und sich entsprechend präsentieren, sollte man das Haus trotzdem für besondere Anlässe verlassen müssen. Nagellack wäre grundsätzlich keine schlechte Wahl, würde er auch dort bleiben, wo er seinen eigentlichen Platz hätte. Und nein, gleich in Sandalen schlüpfen ist auch keine optimale Lösung. Das Malheur mit Verstreichen retten zu wollen ist dann der Supergau. Nagellack am Schuh und an den Händen. Ein Verschluss des Ohrrings hat zudem das Weite gesucht und das Kleid zwickt. Wie war das noch mit dem Prinzen? Den könnte ich in diesem Moment einfach nur verwünschen. Natürlich nur den Doktor und nicht den echten. Weil mich das zwar auf die Palme aber noch lange nicht umbringt, krächze ich wohl noch eine Weile weiter. Denn anders als bei uns daheim gibt es wohl bei Dr. Prinz keine Prinzessin als Vertretung an seiner Seite. Das gehört dringend geändert, so find ich!

© Cornelia Steininger 2024-01-24

Genres
Humor & Satire
Moods
Komisch, Unbeschwert, Entspannend, Funny