Der Vorhang fällt

Horst Sammet

by Horst Sammet

Story

Ich sitze daheim und will endlich etwas erleben, denn meine Einsamkeit, der Tinnitus und diese immer wiederkehrende Depression machen mir schwer zu schaffen. Die dunkle Seelenstimmung hat mich wieder fest im Griff. Durch die aktuelle Situation bin ich so allein, das ist wirklich nicht schön.

Ich möchte mal wieder in ein Theater gehen, mit Menschen zusammen sein und das Lachen und Reden von anderen hören.

In der Hand halte ich noch meine Karte für den Sitzplatz in der 13. Reihe, genau in der Mitte und das Stück habe ich mir gut ausgesucht. Leider ist das Ende der Vorstellung viel zu schnell gekommen.

Dreimal geht der Vorhang auf und zu, das Publikum darf endlich laut sein und die müden Beine und Hände in Bewegung bringen.

Ich bleibe noch ein bisschen sitzen, mir ist leicht schwindelig geworden und der Saal leert sich. Ich atme tief ein und langsam geht es mir besser. Ich fühle so eine Leichtigkeit in mir und der Körper hat den Schwung eines 20-Jährigen.

Jetzt bin ich aber neugierig und will mal hinter den roten Vorhang schauen, dort wo das echte Theater stattfindet. Ich schiebe den schweren roten Samt zur Seite und stelle fest, dass mir die Bühne ohne Menschen gar nicht gefällt. Flotten Schrittes gehe ich weiter zu der Türe, hinter der alle herein- bzw., hinausgegangen sind. Ich stehe in einem kleinen Gang, niemand ist mehr da.

Ich gehe weiter und sehe in den nächsten Raum, in der Möbel, Fahrräder, Geschirr, Kostüme, einfach alles, was ein Theater so benötigt, stehen.

Plötzlich stelle ich fest,dass meine Kleidung weg ist mich friert. An einem Kleiderständer hängt ein langes grünes Leinenkleid und das ziehe ich an. Es passt sogar und gleich wird mir wärmer.

Ich gehe auf eine Tür mit dem Schild “Notausgang” zu, öffne sie und stehe im Freien. Es ist bereits dunkel und viele Sterne blinken am Himmel. Oh, ist das aber schön.

Da steht auf einmal meine Liebste vor mir, in einem grünem langen Kleid, und sagt: Hallo mein Horsti, ich hole dich endlich ab. Ich schaue sie an und sage: Du schaust so jung aus, so wie damals, als wir uns kennenlernten.

Unsere Freude ist riesig, wir küssen uns und nehmen uns dann an den Händen. Schon geht es mit zigfacher Lichtgeschwindigkeit ins Welltall und den Sternen entgegen. Es ist schön, zusammen sein zu dürfen.

Jetzt stelle ich mir die Frage, habe ich eine neue Aufgabe und damit keine Zeit mehr für Geschichten oder was kommt? Lassen wir uns überraschen.

(Halb-fiktive Zukunftsgeschichte)

© Horst Sammet 2021-11-24

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