“Ein deutsches Fabrikat kommt mir nicht ins Haus!”
Dieser Satz an sich ist schon unlogisch, besonders wenn man bedenkt, dass mit Fabrikat ein Auto gemeint ist. Warum sollte man sich ein Auto ins Haus kommen lassen? Bei aller Liebe zum Automobil: mein Wohnzimmer möchte ich nicht mit einem vom letzten Regenguss bespritzten Fahrzeug teilen. Man stelle sich das einmal bildlich vor:
Abgeschlagen vom Arbeitstag lümmelt man mit seiner geliebten Frau auf der Couch vor dem Fernseher. Mitten im spannenden Film hupt auf einmal der fahrbare Untersatz, weil er sich erschrocken hat. Unter dem rechten Vorderreifen entdeckt man eine deutliche Öllache – das Auto hat sich eingemacht.
Höchstens kommt mir ein Auto in die Garage – dann auch gerne als integrierter Bestandteil des Wohngebäudes.
Ziemlich sicher war diese Aussage aber auch nicht wortwörtlich gemeint: mein Schwiegerpapa hat damit nur ausgedrückt, dass seine Tochter – meine Schwägerin – als mögliches Firmenauto nicht mit einem BMW, Mercedes, Audi oder Volkswagen rechnen kann. Ein deutsches Auto lehnt er kategorisch ab. Doch woher kommt seine Abneigung gegen ein ein “deutsches Fabrikat”?
Alles, was jetzt kommt, ist ein Versuch, es zu erklären. Sicher weiß es wohl niemand – vielleicht noch nicht mal mein Schwiegerpapa.
2017 fing das Drama an: Die Erstgeborene kam aus einem fernen Land zurück – und berichtete, dass sie eventuell jemanden kennengelernt hätte. Es gab nur einen Haken an der Sache: Der potentielle Schwiegersohn in Spe kam gute 650 km aus dem Norden – also aus Deutschland, während seine Flamme in Österreich wohnhaft war. Nach der Hochzeit blieb das sich innig liebende Paar nicht im unmittelbaren Dunstkreis, sondern zog in eine gemeinsame Wohnung im Norden. Wäre es weiter südlich gewesen, vielleicht Italien oder Slowenien, aber ausgerechnet in den kalten Norden. Dieser Schock und Schmerz, seine erste Tochter in dieses Land abgegeben zu haben, verursacht jetzt diese Abneigung gegen deutsche Fabrikate. Eine weitere Tochter soll nicht auch noch in die Obhut eines Deutschen gegeben werden.
Ein Erklärungsansatz – vielleicht auch etwas weit hergeholt. Aber ich finde ihn plausibel und logisch. Es kann natürlich auch viel einfacher sein: Die unverbindlichen Preisempfehlungen deutscher Automobilhersteller entsprechen nicht den Preisvorstellungen und dem möglichen Finanzetats der Firma. Das klingt zwar einleuchtender, doch darüber zu schreiben wäre langweilig.
Wie dem auch sei, mein lieber Schwiegerpapa:
Ein deutsches Fabrikat kommt dir mit Sicherheit immer wieder ins Haus. Und anders als ein Auto, wird sich dieses Fabrikat weiter gerne auf deiner Couch im Wohnzimmer oder der Essbank in der Küche auf eine Essigwurst niederlassen. Darauf gebe ich dir mein Wort!
© Saschus-Longus 2021-12-18