Die armen Kinder in Afrika……..

Erika Eck

by Erika Eck

Story

Als kleines Kind, so zwischen vier und sechs Jahren, war es nicht ganz einfach, mich zu ernähren: Ich wollte nichts essen und wenn, dann wollte ich mich nur von Wurstsemmeln und Frankfurter Würstchen ernähren. Meine Mutter hatte es unendlich schwer, denn ich war dünn, sah unterernährt aus, und da ich für mein Alter sehr groß war, sah ich aus wie eine Zaunlatte. Jeder Arzt, den meine Mutter mit mir aufsuchte, gab ihr den Rat, nur kleine Portionen für mich anzurichten und um Gottes willen, ich brauchte Vitamine, Vitamine, Vitamine……

Dass ich Lebertran, der angeblich Appetit machte, schlucken musste, machte mein Elend nur noch größer. Jeden Tag sollte ich einen Esslöffel von diesem stinkenden Zeug zu mir nehmen. Es ekelte mich, ich verzog nur das Gesicht, hielt den Atem an und schluckte das Zeug mit großer Todesverachtung. Genutzt hat es gar nichts, ich bekam deshalb nicht größeren Appetit, wurde aber nahezu bei jedem Windhauch krank und trieb meine Mutter schier zur Verzweiflung.

Das dauerte so lange, bis sich meine Mutter eine List einfallen ließ, um etwas Abwechslung in meinen Speiseplan zu bringen. Sie setzte mir alles vor, was für mich gesund und vitaminreich war, zwar wirklich in kleinen Portionen, aber sie zwang mich, diese Portionen zu essen, indem sie mir, sollte ich alles aufgegessen haben, was sie mir auf den Teller legte, eine Wurstsemmel versprach. Hatte ich das, was auf dem Teller lag, gegessen, wollte ich selbstverständlich keine Wurstsemmel mehr, ich war satt!

Als ich die List meiner Mutter durchschaute, trat ich meinen Protest gegen das Essen erneut an, verweigerte alles, was auf dem Teller lag, stocherte im Essen herum und verschloss meinen Mund gegen die Nahrungsaufnahme.

Wieder war der Einfallsreichtum meiner Mutter gefordert und es dauerte gar nicht lange, bis sie aus ihrer Trickkiste eine neue Methode hervorholte. Während ich vor dem vollen Teller saß und das Essen verweigerte, erzählte sie mir von Afrika und fügte mit erhobenem Zeigefinger dazu: „Du willst nichts essen und in Afrika verhungern die Kinder. Die haben das Essen nicht, das vor Dir steht….!“

Einige Male war dieser „Afrikatrick“ erfolgreich und siehe da: Ich begann von selbst alles zu essen, nur damit die armen Kinder in Afrika nicht verhungerten! Mein einseitiges Essverhalten war so gut wie überwunden!

Als ich dann in einem Urlaub das erste Mal die wirklich armen Kinder in Ägypten sah, musste ich ununterbrochen an den Ausspruch meiner Mutter denken, „dass die armen Kinder in Afrika verhungerten“, wenn ich nicht essen wollte.

Damals war ich ein kleines Kind, aber die Essenserziehungsmethode meiner Mutter hat mich nachhaltig geprägt. Und heute gibt es kaum Gerichte, die ich wirklich nicht esse, gegen die ich eine innere Abwehr habe. Und oft muss ich daran denken, wenn ich sehe, was Kinder oder auch Erwachsene im Gasthaus bestellen und einfach zurückschicken: Und die armen Kinder in Afrika müssen verhungern!

© Erika Eck 2020-10-10