Die Churburg im Vinschgau

Eva Filice

by Eva Filice

Story
Churburg bei Schluderns im Vinschgau

Das Vinschgau, das Tal zwischen Meran und dem Reschenpass, bietet Unvergleichliches an Natur und Kultur. Im Norden faszinieren die Ötztaler Alpen und die Texel Gruppe, als südliche Begrenzung imponiert das Bergpanorama der Ortlergruppe mit den immer schneebedeckten Gipfeln. Meine Vorliebe für Burgen führte uns zur Churburg oberhalb des Ortes Schluderns. Zur Zeit der Romanik ließ der Fürstbischof von Chur, in dessen Einflussbereich das Vinschgau stand, eine mittelalterliche Festung an einer strategisch wichtigen Position errichten. Die Vögte von Matsch standen im wiederholten Streit mit dem Bischof. Sie wurden vermutlich um 1300 mit der Churburg als Lehen betraut und veranlassten nach der Besitzübernahme die Erweiterung der Burganlage, die später als Residenz im Stile der Renaissance ausgebaut wurde.

Schon der Aufgang zu Burg und der Eintritt in den Burghof ließen – für die Reise in die Vergangenheit – Freude aufkommen. Zu meinem Mann und mir gesellte sich eine Dame mit ihrem neunjährigen Neffen aus dem Nachbarort; zu viert wurden wir von der kompetenten Führerin auf einige Besonderheiten hingewiesen. Vom Burghof führen Stiegen zu den Privaträumen der Burgbesitzer, die im Sommer gelegentlich hier wohnen. Der Zugang zur Burgkapelle und zum Verließ sowie zu einem Multimediaraum war vor und nach der Führung möglich. Besonders beeindruckte mich der Loggienhof, der sich über drei Geschoße erstreckt. Im ersten Stock bewunderte ich den reich mit Ornamenten verzierten Arkadengang. Die wunderschönen Wand- und Deckenmalereien wurden Anfang des 20 Jh. freigelegt, da sie im 18. Jh. mit Kalk übermalt wurden. Die gelben Früchte an der Decke stellen Quitten dar, die Liebe, Glück und Fruchtbarkeit symbolisieren. Wir wurden auf den gemalten Stammbaum der Adelsfamilie Matsch hingewiesen, der im Gewölbe des Arkadenganges die Verzweigungen der Familie erkennen lässt. Mit Gaudenz von Matsch starb 1504 die Linie aus. Seine Schwester Barbara heiratete einen Grafen der Familie Trapp, die bis heute die Eigentümer der Churburg ist. Allerdings besteht keine verwandtschaftliche Beziehung mit der durch Film und Musical berühmten Trapp-Familie. Ausführlich konnten wir die unterschiedlich geformten 16 Säulen aus Laaser Marmor mit den Kapitelen bewundern, auf denen die Bögen des Arkadenganges ruhen.

Der Rundgang führt uns ins Jakobszimmer mit der wertvollen Kassettendecke mit Reliefschnitzereien. Auf der kleinen Hausorgel aus dem 16. Jh. mit kunstvoller Intarsienarbeit kann noch gespielt werden. Aus dieser Zeit stammt auch der ausgestellte Pilgermantel, mit dem Jakob VII. Trapp im 16. Jh. seine Reise nach Jerusalem angetreten haben soll. Die Besonderheit der Churburg ist die Rüstkammer, die originale Rüstungen der Burgherren und mittelalterliche Waffen der Knechte für Kämpfe und Turniere aufweist. Die Originalrüstung des riesengroßen Ulrich IX. von Matsch, der Harnisch mit 45 Kilo und 2,30 m Größe dominiert den Raum. Die Rüstkammer ist einzigartig auf der Welt, da die Vielfalt der Rüstungen über Generationen auf der Churburg verwahrt wurden. Über den Einsatz der zur Schau gestellten kunstvollen Sammlungsstücke nachdenkend tauchte ich aus der Vergangenheit wieder in die Gegenwart ein.

© Eva Filice 2024-06-23

Genres
Novels & Stories, Travel
Moods
Abenteuerlich, Herausfordernd, Informativ, Reflektierend
Hashtags