Da fand ich mich also auf einmal wieder. In einem Auto auf der Rückbank. Ich sah mich um und da waren sie, meine Freunde. Jo am Steuer, Felix auf dem Beifahrersitz und Leonie links neben mir auf der Rückbank. Alles so vertraut und zugleich doch verwirrend. Es fühlte sich so lebensecht an und bis heute für mich unerklärlich. Ich saß also nun in Jos Wagen, einem blauen VW Golf, der schon einiges durchgemacht hatte und dem man dies auch ansah. Wie viele Jahre und wie viele Reisen hatte Kowalski, wie wir ihn auch nannten, schon durchgemacht? Er war sein Ein und Alles und nichts bedeutete ihm mehr. Niemand außer ihm durfte ans Steuer, weswegen Jo den ganzen Roadtrip über der Fahrer gewesen war. Jo war mein bester Freund. Wir waren unzertrennlich und machten alles miteinander. Neben ihm saß Felix, den wir im letzten Schuljahr kennengelernt hatten. Er hatte heute die Aufgabe des Auto-DJs. Da blieben wir noch übrig, Leonie und Bastian. Wir mussten nichts machen und konnten alles aufsaugen an Momenten. Diese Reise war unvergesslich und auch redlich verdient nach der Schulzeit. Nach unserem Abschluss beschlossen wir als Gruppe einen Roadtrip zu machen und das nicht irgendwohin. Für uns ging es in die französische Riviera nach Montpellier. Es heißt ja immer, der Weg ist das Ziel und dem kann ich nur zustimmen. Unser Aufenthalt am Ziel war atemberaubend, aber das Besondere und Magische war der Weg dahin. Diese Liebe, diese Lebensfreude, diese Momente in einem kleinen Auto waren bis zum heutigen Tag eine meiner größten Erlebnisse. Wir feierten nicht nur unseren Schulabschluss, sondern auch unseren Abschied voneinander. Es war das Ende einer Ära. Wir vier sollten alle unterschiedliche Wege gehen und nichts würde gleich bleiben. Während Felix in wenigen Tagen seine Ausbildung beginnen sollte, sah sich Jo schon auf den Studentenparties. Er konnte es nicht erwarten. Zwar hatte er sich ein nicht gerade leichtes Studienfach ausgesucht, aber trotz allem lag sein Fokus auf das Studentenleben. Felix hingegen war klar strukturiert und hatte alles vorausgeplant. Ausbildung, Studium und im Anschluss wartete der Familienbetrieb und vielleicht ja schon eine Familie auf ihn. Da sieht man es mal wieder, wie unterschiedlich Menschen doch waren. Bei Leonie und mir sah es wieder ganz anders aus. Sie war das Mädchen, das ein Praktikum an einer in Kanada gelegenen Zeitung angenommen hatte und im Anschluss ein Studium angehen wollte. Ich war der Junge, der zunächst Jobs machen und daraufhin eine große Weltreise beginnen wollte. Erst danach wollte ich mit meinem Studium beginnen, auch wenn mir die Richtung noch nicht klar gewesen war. Es saßen also alle vier Freunde im Golf. Vier unterschiedliche Zukunftspläne und Lebenswege, vier unterschiedliche Träume. Diese Reise war eine Feier unserer Freundschaft und unserer gemeinsamen Zeit. Es war aber auch das Abschiednehmen. Dieser Moment sollte unvergesslich werden und dies ist es am Ende auch geworden.
© Alexander Burger 2021-08-14