Einige Stunden später war das Wunder geschehen. Der Sohn Gottes hatte das Licht der Welt im Stall von Bethlehem erblickt. Maria legte das Kind in die Krippe voller Heu und deckte es mit einer Wolldecke zu, während die Nachtigall ihr schönstes Lied trällerte. Die kleine Maus verkroch sich noch immer in ihrem Loch und traute sich nicht heraus, bis sie plötzlich die anderen Tiere tratschen hörte:„Das soll der Sohn Gottes sein“, sagte der Esel verächtlich, „das ist ja nur ein kleiner, schwacher, wehrloser Säugling!“ „Genau“, erwiderte der Ochse, „das kann nicht Gottes Sohn sein!“ Die Schafe blökten wild durcheinander: „Das ist nicht Gottes Sohn! Der Engel hat sich geirrt!“ Die Nachtigall, die ganz verärgert war, weil das Kind weinte und somit ihre Gabe nicht zu schätzen wusste, schmollte vor sich hin und gab keinen Ton von sich. Das Getratsche der anderen machte die kleine Maus neugierig und sie lugte aus ihrem Loch heraus, um einen Blick auf das Kind zu erhaschen, konnte es vom Boden aus aber nicht erblicken. Deshalb huschte sie geschwind zur Krippe und kletterte hinauf. Oben angekommen staunte die kleine Maus nicht schlecht, als der Säugling plötzlich zum Weinen aufhörte, weil er sie erblickte. Mit kleinen Schritten näherte sie sich ganz langsam dem großen Zeh des Kindes und bewegte das Näschen auf und ab um ihn zu beschnuppern. Dadurch kitzelten die Barthaare, der kleinen Maus, das Kind und es lachte zum ersten Mal inseinem noch so jungen Leben. Dieses Lachen erfüllte den ganzen Raum und alle Herzen, auch die der anderen Tiere, mit Freude und Liebe. Als das Kind und die kleine Maus sich tief in die Augen blickten, erkannte die Maus, dass sie ihm das schönste Geschenk von allen gemacht hatte: Sie schenkte dem Sohn Gottes sein erstes Lachen!
© Ulrike Ranger 2020-12-31