by Anne_Ladgam
“Lise fuhr um 10 Uhr!”, schrieb die 24h Hilfe, eine wahre Perle von Mensch, über WhatsApp. “Lise!” Niemand nannte meine Schwester so: “Lise!” Amüsiert verwendete ich manchmal diesen Namen, um sie ein wenig zu “tratzen”. Nie zuvor hatte jemand so ihren Namen ausgesprochen. Eines Tages machte ich bei einem Reim-Wettbewerb mit und hatte zum Leidwesen der Familie den größten Spaß, wenn mir wieder ein Reim in Zusammenhang mit einer Versicherung einfiel. “Horcht zu, ich muss euch was vorlesen!”, wurde zum gefürchteten Satz des Abends. Ich aber kringelte mich vor Lachen. “Isch die Geige flöten gangen, wird sich Peter gleich dafangen, wenn die Versicherung Hilfe zeigt, er bald wieder Mozart geigt!” Diesen Spruch widmete ich gedanklich einem Geigenspieler aus dem Landesorchester. Irgendwann fiel mir der Spruch ein: Nach dem Sturm, da sagt die Lise: “Mei so schad um die Markise!”
Von vielen mehr oder weniger lustigen eingesandten Sprüchen kam tatsächlich einer meiner Sprüche zur engeren Auswahl. Da sich die Jury schwer mit der Auswahl der Siegersprüche tat, wurde unter den besten Sprüchen ausgelost. Ich hatte Glück! Ich gewann den 1. Preis und damit ein feines Essen mit Sachpreisen und einen 1000 Euro Scheck. Das war wirklich beglückend! Nur wegen eines läppischen Spruchs über die Markise gewann ich “Kies”! Gut, fünf Euro behielt sich gleich die Bank fürs Auszahlen, aber immerhin blieben mir 995 Euro. Ich war glücklich! “Das kann sinnvoll investiert werden!” So dachte ich.
Wenige Tage später begann es unerwartet zu regnen und wir hatten die Kinder nicht instruiert, die Markise sofort einzufahren, wenn es regnen würde. Wir haben keinen automatischen elektrischen Einzug, denn wir hatten bei der Montage ans Geldsparen gedacht und um eine händische Kurbel gebeten. Unser Monteur hatte uns damals ungläubig angeschaut und gesagt: “Macht ihr den Schlag auch mit dem Schneebesen?” (Macht ihr die Schlagsahne auch händisch?) Trotz seines kritischen Einwandes waren wir bei unserem Entschluss geblieben und hatten die elektrische Variante abgelehnt.
An jenem Tag, da schüttete es wie aus Kübeln und als ich kurze Zeit später heimkam, stand das Wasser zentimeterhoch im Stoff der Markise, die gewaltige Beulen nach unten aufwies. Das Gestänge war total verschoben. Mit dem Besenstiel versuchte ich, das Wasser von der Markise ab rinnen zu lassen, aber der Schaden war bereits irreversibel. Das Gestänge der Markise war verbogen. So schnell wie möglich kontaktierte ich eine mir unbekannte Firma.
Rasch bekam ich einen Termin. “Wissen Sie”, sagte ich Mitleid heischend, “ich habe einen Spruch über eine Markise gedichtet…!” Ein Monteur lachte: “Ach so, den Spruch kenne ich! Der hängt ja groß auf den Werbeflächen im Land!” Ich hoffte auf eine gnädige Reparatursumme. Die Rechnung kam prompt. Ich musste 1000 Euro zahlen. Ist die Markise erst lädiert, nützt es nichts, wenn man plädiert. Aber eigentlich kostete mich der Spaß eh nur 5 Euro!
© Anne_Ladgam 2023-07-11