by Mymoments
“Sarah ruft an” – das Handy läutete und vibrierte. Alarmiert hob ich ab, hoffentlich ist nichts passiert? Es war ja ausgemacht, dass sie heute mit dem Nachtbus heimkommt.
Ich hatte mich noch nicht so richtig daran gewöhnt, dass meine Teenie-Tochter das Ausgehen entdeckt hatte. Bisher war immer alles gut verlaufen, sie war immer pünktlich zu Hause, nie betrunken und kam immer allein heim. Viel braver als ich in meiner Jugend…Sorgen machte ich mir keine, man konnte ihr vertrauen. Die Disco war einige Ortschaften weiter und ich war immer bereit, meine Tochter jederzeit abzuholen, wenn nötig. Mamataxi. Besser so, als das Mädel steht nachts allein vor der Tür und ist darauf angewiesen, dass es irgendjemand mitnimmt. Womöglich noch alkoholisiert. Seit es den Nachtbus gibt, ist das Heimkommen aber ohnehin leichter geworden.
Sarah schilderte mir ihre Notlage. Ihre Freundin hatte wohl etwas zu viele Cocktails genossen, sich angekotzt und nun war ihr übel. Nach Hause konnte sie in dem Zustand nicht, sie hatte Angst vor ihrern strengen Mama. Ob ich sie beide denn abholen könnte und der Mutter nichts davon erzählen? Naja, begeistert war ich nicht von der Idee. Ich war zwar stolz auf meine verantwortungsvolle Tochter, die ihre Freundin nicht im Stich ließ wie alle anderen ihrer Clique (die tanzten munter weiter…), aber wenn ich an die Mutter des Mädchens dachte…ich würde nicht so hintergangen werden wollen…
Natürlich fuhr ich gleich los, im Pyjama, schnell den Mantel drübergezogen. Sarah stand Arm in Arm mit ihrer schwankenden Freundin (deren Namen ich hier sicherheitshalber lieber nicht preisgeben will *zwinker*) bereits am Parkplatz. Sie trug Sarahs Pulli, das angekotzte Oberteil hatten sie in einem Sackerl dabei. Sarah fror in ihrem dünnen Shirt, mein liebes gutes Kind!
Also verfrachtete ich die Mädchen auf die Rückbank, durch den Mund atmend…die Freundin und ihr Kotzpulli stanken wirklich erbärmlich, meine Tochter hielt ihre Freundin im Arm, damit sie nicht zur Seite kippen konnte. Zur Sicherheit hatte ich ein leeres Sackerl als Kotzbeutel mitgebracht, doch Sarah meinte: “Die ist bestimmt schon leer, da kommt nix mehr!”.Daheim stopfte ich den Pullover in die Waschmaschine, die Mädels gingen schlafen.
Beim Frühstück war die verkaterte Freundin dann sehr kleinlaut. Sie entschuldigte sich pausenlos und konnte mir kaum in die Augen schauen. Ich gab ihr den frisch gewaschenen Pulli und einen guten Rat: “Bitte lern daraus und pass in Zukunft besser auf dich auf!” Die beiden bedankten sich für meine Hilfe und konnten auch verstehen, dass sie mich mit der Aktion in die blöde Lage der”Mitwisserin” gebracht hatten. Ich bat die Freundin, ihrer Mutter vielleicht irgendwann später doch noch zu “beichten” und sie nicht anzulügen…von mir würde sie aber nichts erfahren, ich hatte ja auch keinen näheren Kontakt zu ihr. Doch noch einmal würde ich so etwas keinesfalls tun. Es kam nie wieder vor…
© Mymoments 2019-04-11