âGeht es vielleicht noch kĂŒrzer, Madame?â, diese Worte klingen noch heute in meinen Ohren nach. Mein strenger Vater meinte damit meine Popomanschette â in der Modebranche als Minirock bezeichnet. Mein erster Minirock war knallig rosa und ich trug ihn im Jahre 1968 (da war ich gerade mal 16 Jahre alt) im Acabana, einem Treffcafe fĂŒr âkleine Hippiesâ, wenn man die Schule schwĂ€nzte!
Ăffnete man die GlastĂŒre, so fielen beim Betreten des Lokals sofort die Korbsessel, die Korbtische mit den groĂ gemusterten Tischdecken und der sĂŒĂliche Duft auf. Mit hochhackigen weiĂen Stiefeln kombinierte ich meinen Mini und dazu trug ich eine weiĂe Spitzenbluse, die gerade mal bis zum Rockbund reichte. Mit meinen langen Locken bis zur HĂŒfte genoss ich die Blicke der Burschen, eine schrĂ€ge Zeit. Die âSwinging Sixtiesâ erlebte ich frech, bunt, abenteuerlich und sexy.
Heute regt sich niemand mehr ĂŒber das unzĂŒchtige KleidungsstĂŒck (das meinte der Papst damals in einer öffentlichen Rede) auf, im FrĂŒhjahr 2022 sah man ĂŒbrigens auf den Laufstegen der Fashion Week wieder die Miniröcke in Knallfarben. Auch kurze Plisseeröcke trugen die Models. Wenn ich an die Tina Turner Konzerte in Wien denke, dann kann man sich diese Rocklady ohne ihre kurzen Minis ĂŒberhaupt nicht vorstellen, am besten gefielen mir ihre Röckchen aus Leder. Ihre Tanzschrittfolge benötigte Beinfreiheit und damit gab es nur die Popo-Manschette als Option.
Als sich am 13. April 2023 die Nachricht des Todes von der britischen Modedesignerin Mary Quant wie ein Lauffeuer in den Medien verbreitete, erinnerte ich mich an diese lĂ€ngst vergangenen Tage in meiner Teenagerzeit. Die Erfinderin des Minirocks wollte, dass die Frauen im kurzen Rock dem Bus nachlaufen konnten, wenn sie diesen auf dem Weg zur Arbeit erwischen wollten und nicht durch unpraktische RocklĂ€ngen eingeschrĂ€nkt wurden. Der Mini, nach dem Lieblingsauto von Quant benannt, verkörperte das LebensgefĂŒhl der 1960er und stellte eine Moderevolution dar. Die Ă€ltere Generation befĂŒrchtete den Verfall von Anstand und Sitte, sie sahen diese âverfĂŒhrerische Modeâ als skandalös, respektlos und provozierend.
Man konnte mit diesem kurzen Röckchen hĂŒpfen und springen und in schummrigen Tanzlokalen, wie im Downstairs in Graz gleich bei der Oper, die Schrittfolge zum Hully Gully oder den Mashed Potatoe aufâs Parkett legen. Nie vergesse ich die kreisende Silberkugel, unter der wir im Mini ausgelassen Twist tanzten. AuĂerdem rockten wir zur tollen Musik der Rolling Stones und Beatles, und wenn dann âI Can’t Get No Satisfactionâ oder âOb-La-Di, Ob-La-Daâ erklang, gab es ein Gejohle und wir fĂŒhlten uns frei!
Ăbrigens wurde der erste Minirock bereits 1932 in der Operette âDer Zarewitschâ getragen. Es handelte sich dabei um ein BĂŒhnenkostĂŒm, das die Schauspielerin Nora Weindl mit wadenhohen hochhackigen Lederstiefeln kombinierte. Ganz daneben lag ich mit meinen weiĂen Lacklederstiefeln nicht. Schön war diese Zeit und sie bleibt unvergessen!
© Christine BĂŒttner 2023-04-13