Graue Wolken verdeckten ihm die Sicht und die Sonne tauchte zu dem auch selten hier auf, dennoch schien sie für diesen Moment allein für ihn. Nur für ihn.
Er war der Regentropfen im Gewitter des Lebens. Die Zigarette war der Regenschirm, der ihm davon abhielt, auf den kalten Boden zu landen. Er dachte erneut an die Frau. Wie war wohl ihr Namen? Bestimmt hatte sie einen bedeutungsvollen Namen. Wieso sprang sie? Hatte sie eine Familie?
Er hörte ein Summen. Es war die hungrige Fliege, die ihn von seinem Fenster aus beobachte. Genervt vom Lärm, schloss er sein gekipptes Fenster.
Ob die Frau jemals geliebt hat? Ich meine, wir Menschen brauchen doch alle jemanden, der uns einen Abschiedskuss gibt, der unseren inneren Sturm besänftigt. Doch ohne Regen schätzen wir die Sonne nicht. Können wir wirklich glücklich von diesem Ort gehen, wenn wir nicht wissen, wie die andere Seite aussieht?
Vielleicht gibt es Regenwolken auch nur, damit unsere Blume der Liebe aufblüht. Sie wächst mit jedem Sonnenstrahl, jedem Regentropfen und mit jedem Moment, an dem wir an sie denken. Die Blume der Liebe duftet womöglich nach Frieden und Freiheit. Die Blume der Liebe, deren Blütenblatt sich in mein Leben verirrte, hätte vielleicht auch ihr Leben retten können. Sie war mir nie ein Dorn im Auge, aber sie fügte meinem Herzen Wunden zu.
Ich bin der Regentropfen, der auf die Blumen fällt und sie zum Wachsen bringt. Sie war der Sonnenschein, der von den Wolken verdeckt wurde, aber immer noch strahlte. Denn auch an den dunkelsten Tagen kamen ihre Sonnenstrahlen durch, weil sie diese in ihrem Inneren trug. Oh, du verlogene Stadt.
Er schnippte seine fertig-gerauchte Kippe in eine Ecke seiner Wohnung. Er seufzte und sah, wie die Regentropfen gegen sein Fenster prasseln. Es waren viele. Die Fliege war nicht mehr zu sehen. Er vergaß seinen Hunger beim Anblick von der Kreidesilhouette der Dame. Der Rest von ihrem eingetrockneten Blut verschwamm und langsam löste sich auch die Leichensilhouette leicht auf, wegen des starken Regens. Sie tat mir leid. Hätte nur ihr Sturm nie aufgehört und der Wind sie weiterhin getragen. Aber sie hätte es nicht so gewollt. Denke ich. Denn sie ist gesprungen, um zu fliegen, nicht um zu sterben. Wahrlich ein Schmetterling mit gebrochenen Flügeln auf der Suche nach Freiheit.
Der Regen stört einen nicht, wenn man über den Wolken fliegt.
© Mirlind Gashi 2022-08-23